Die Ernährungsmedizin beschäftigt sich mit der Prävention, Heilung und Linderung von Erkrankungen mittels ernährungstherapeutischer Anwendungen.

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Tipps zur gesunden Ernährung

  • Greifen Sie täglich zu Obst und rohem Gemüse; Frucht- und Gemüsesäfte sind eine ideale Bereicherung Ihres Frühstücks. Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag sollten es sein.
  • Probieren Sie Körnerbrote, bei der großen Auswahl ist bestimmt auch das richtige für Sie dabei.
  • Verfeinern Sie Brotbelag, Aufläufe oder Salatteller möglichst oft mit frischen Kräutern und Getreidesamen.
  • Bevorzugen Sie fettarme Produkte, achten Sie besonders bei Milchprodukten auf den Fettgehalt.
  • Nutzen Sie die Rezeptvielfalt der mediterranen oder asiatischen Küche mit knackigem Gemüse, Seefisch und hochwertigen Ölen.
  • Sparen Sie Zeit beim Kochen durch die Verwendung von naturbelassenem Tiefkühlgemüse.
  • Trinken Sie zu jeder Mahlzeit ein Glas Wasser und achten Sie während des Tages auf genügend Flüssigkeit: mindestens 1,5 Liter pro Tag.
  • Genießen Sie Ihr Essen und nehmen Sie sich Zeit. Erst nach ca. 30 Minuten spüren Sie, dass Sie satt werden.
  • Frische Lebensmittel sollten Sie am besten noch am selben Tag des Einkaufes verarbeiten. So können Sie die meisten Vitalstoffe erhalten.
  • Garen Sie die jeweiligen Speisen nur kurz bei möglichst niedrigen Temperaturen, mit wenig Wasser und wenig Fett - das erhält den natürlichen Geschmack, schont die Nährstoffe und verhindert die Bildung schädlicher Verbindungen.
  • Öle verlieren nach dem Anbruch der Flasche schnell Ihre Haltbarkeit, deshalb sollten Sie diese kühl und dunkel lagern. Sobald ein Öl ranzig riecht, sollten Sie es nicht mehr verwenden.
  • Gesunde Ernährung soll keine Pflichtübung sein, sondern Spaß machen. Laden Sie Freunde zum Essen ein, beteiligen Sie Ihre Familie am Planen, Einkaufen und Kochen. Mindestens einmal pro Woche sollten Sie sich mit Ihrer Familie Zeit für ein ausgedehntes Mittag- oder Abendessen nehmen. Ein schön gedeckter Tisch mit Kerzen zaubert die richtige Atmosphäre um das Essen gemeinsam zu genießen.

Folgeerkrankungen durch Übergewicht

Menschen mit Übergewicht leiden häufig unter zahlreichen Beschwerden wie Kurzatmigkeit, starkem Schwitzen, schneller Ermüdbarkeit oder Schmerzen an Wirbelsäule, Hüft- oder Kniegelenken. Auch viele psychosoziale Probleme gehen mit Übergewicht einher.

Daneben ist Übergewicht in den Industrieländern der größte Risikofaktor für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Schlaganfall und Fettstoffwechselstörungen.

Jährlich sterben Tausende von Menschen an den Folgen von Übergewicht. Außerdem begünstigt Übergewicht auch die Entstehung von Arthrose, Bandscheibenschäden und Gicht. Das Risiko, Folgeerkrankungen zu entwickeln, erhöht sich mit steigendem BMI-Wert.

Auch die Fettverteilung spielt eine Rolle: Insbesondere eine stammbetonte Fettverteilung erhöht das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Durch eine gesunde Lebensweise mit Sport, Ernährungsumstellung und Entspannung können Sie vielen ernährungsbedingten Folgeerkrankungen entgegen wirken.

Ernährung und Krebs

Zusammenhang zwischen Ernährungsweise und der Entstehung von Krebserkrankungen

Die Wechselwirkungen von Ernährung und Krebs sind ein vieldiskutiertes und umstrittenes Thema. Ein Zusammenhang zwischen der Ernährungsweise und dem Auftreten von Krebs konnte in den letzten Jahren in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien belegt werden. Gab es bisher keine wissenschaftlich fundierte „Krebsdiät“, gibt es neuesten Ergebnissen zufolge für eine bestimmte Gruppe von Krebspatienten einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen den Krebs. Basierend auf der unterschiedlichen Energieproduktion in Tumorzellen kann Krebs in zwei Klassen unterteilt werden. Eine Gruppe von Tumorarten kann infolge eines veränderten Stoffwechsels - und damit einer anderen Form der Energieproduktion - durch die gezielte Beeinflussung der Ernährungsweise in ihrer Entwicklung gehemmt und womöglich zum Absterben gebracht werden. Eine Wunderwaffe gegen Krebs ist die Ernährung dennoch nicht. Bewiesen ist, dass das Essverhalten einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung von Krebs haben kann (Tabelle 1).

Die Entstehung von Krebs ist aber nicht allein auf die Ernährungsweise zurückzuführen. Auch Faktoren wie Rauchen, Umweltverschmutzung, Arbeitsplatzbedingungen, Stress, Strahlung, Mikroorganismen oder erbliche Veranlagung können einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung von Krebs ausüben. Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl von Inhaltsstoffen, die das Risiko, an Krebs zu erkranken, beträchtlich senken können (Tabelle 2).

Tabelle 1: Ergebnisse wissenschaftlicher Studien mit Hinweisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko

Faktor förderte das Risiko von
Übergewicht, Verzehr von tierischen Fetten Darm-, Prostatakrebs
Schimmelpilze (Aflatoxine) Leberkrebs
Schadstoffe (Nitrosamine in gepökeltem Fleisch, Benzopyren in gegrilltem Fleisch,
Schwermetalle in Innereien)
Mundhöhlen-, Magenkrebs
Alkohol Mundhöhlen-, Speiseröhre-, Magen-, Brustkrebs
Kaffee Blasenkrebs


Tabelle 2: Ergebnisse wissenschaftlicher Studien mit Hinweisen auf ein vermindertes Krebsrisiko

Faktor minderte das Risiko von
Omega-3-Fettsäuren (in Fisch und Fischölen) Darmkrebs
Olivenöl Brustkrebs
Ballaststoffe Darmkrebs
ß-Carotin (Vorstufe Vitamin A, in Möhren, Mangos, Aprikosen, Grünkohl, Spinat, Paprika) Lungen-, Harnblasen-, Mundhöhlen-, Speiseröhren- und Prostatakrebs
Vitamin C (in Zitrusfrüchten, Paprika, Petersilie, Kartoffeln) Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Magen-, Darmkrebs
Vitamin E (in Vollkornprodukten, Nüssen, Pflanzenölen) Lungen-, Magen-, Darmkrebs
Calcium (in Milch, Milchprodukten) Dickdarmkrebs
Jod (in Seefisch) Schilddrüsenkrebs
Selen, Zink (in Getreide, Fisch, Fleisch, Eier) mehrere Krebsarten



Tabelle 3: Sekundäre Pflanzenstoffe mit krebshemmenden Eigenschaften

Pflanzenstoffgruppe Vorkommen
Carotinoide Gelb-orange farbenes Gemüse und Obst
Phytosterine Sonnenblumenkerne, Sesam, Sojabohnen
Phytinsäure Getreide
Sulfide Knoblauch, Zwiebeln, Lauch
Phytoöstrogene Hülsenfrüchte
Monoterpene Äpfel, Aprikosen, Beeren, Orangen
Protease-Inhibitoren Hülsenfrüchte, Getreide, Kartoffeln, Reis, Mais
Saponine Hülsenfrüchte, Spinat, Rosmarin, Salbei
Polyphenole in nahezu alle pflanzlichen Lebensmitteln, Wein, Tee
Glucosinolate Kohlsorten, Senf, Meerrettich, Kresse

Sekundäre Pflanzenstoffe und Krebs

Viele der krebshemmenden Wirkstoffe in Nahrungsmitteln sind in Gemüse und Obst enthalten. Neben Vitaminen und Mineralstoffen sind vor allem die sekundären Pflanzenstoffe Gegenstand intensiver Forschung. Für zahlreiche Substanzen konnten in wissenschaftlichen Studien krebshemmende Eigenschaften beobachtet werden (Tabelle 3).

Sekundäre Pflanzenstoffe hemmen meist Enzyme, die in die Entstehung von Krebs involviert sind. Sie hemmen die Aktivierung von Prokanzerogenen (nicht krebsauslösend) zu Kanzerogenen (krebsauslösend) oder aber beschleunigen die Entgiftung vorhandener Kanzerogene. Einige Substanzen wirken über mehrere Mechanismen antikanzerogen. Welche Substanzen im Einzelnen wirksam sind, hängt von der Dosis, der Art der Verabreichung, der Interaktion mit anderen Substanzen sowie der Art des Kanzerogens ab. Einige Substanzen können bestimmte Bindungsstellen der DNA, der Erbsubstanz, schützen, indem sie die Bindung krebsauslösender Kanzerogene an die DNA verhindern. Dazu zählen in erster Linie die Carotinoide, Phenolsäuren und Flavonoide.

Gibt es eine "Krebsdiät"?

Aufgabe der Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen Nähr- und Wirkstoffen, die der Gesundheitserhaltung und -förderung dient. Jede einseitige Ernährungsweise, sei es im Mangel oder im Überfluss an bestimmten Inhaltsstoffen, birgt Risiken im Hinblick auf eine Vielzahl von Erkrankungen. In der Regel lassen sich ernährungs(mit)bedingte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-, Nieren-, Magen- oder Darmerkrankungen durch eine spezielle Ernährungstherapie sowohl in ihrem Verlauf, als auch in ihrer Heilung beeinflussen. Doch die Krebsentstehung und das Krebswachstum ist nicht durch die Ernährung allein beeinflussbar, sondern ein komplizierter und vielschichtiger Prozess, der sich mit einer Diät allein nicht bekämpfen lässt.

In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Krebsdiäten veröffentlicht, deren Wirksamkeit jedoch bis heute nicht bewiesen werden konnte (Tabelle 4). Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass durch eine protein- und öl- beziehungsweise fettreiche Kost besonders aggressive Tumoren in ihrem Wachstum eingedämmt und zum Absterben gezwungen werden.

Hemmung der Aktivierung von Prokanzerogenen zu Kanzerogenen Carotinoide, Isothiocyanate, Indole, Flavonoide, Sulfide, Phytoöstrogene, Thiocyanate, Phenolsäuren,
Monoterpene
Beschleunigung der Entgiftung von aktivierten
Kanzerogenen
Isothiocyanate, Indole, Flavonoide, Sulfide, Thiocyanate, Phenolsäuren, Monoterpene



Tabelle 4: Verschiedene Krebsdiäten: Krebsdiäten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht bewiesen werden konnten (manche davon gehen mit gefährlichen Nebenwirkungen einher):

  • Milchsäurekost nach Kuhl
  • Ernährungstherapie bei Krebspatienten nach Zabel
  • Rote-Bete-Therapie nach Schmidt
  • "Krebstherapie" nach Gerson
  • Harnsäure-Diät nach Bircher-Benner
  • Insulindiät nach Leupold
  • makrobiotische Ernährungsweise nach Oshawa und Kushi
  • Fastenkuren

Einige Kostformen entsprechen einer ausgewogenen, nährstoffreichen Ernährungsweise, können aber nicht als Krebsdiät gewertet werden. Nach dem derzeitigen Wissensstand gibt es keine Diät, die eine medizinische Behandlung des Tumors ersetzen kann. Vielmehr sollte das Augenmerk auf eine Kost gerichtet werden, die typische Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen einer Krebstherapie berücksichtigt.

Nebenwirkungen von Krebstherapien und deren Auswirkung auf den Ernährungsstatus

Die einzelnen Krebsarten unterscheiden sich hinsichtlich ihres Verlaufs, ihrer Aggressivität und daraus ableitend ihrer Behandlung (Operation, Strahlen-, Chemotherapie, Knochenmarktransplantation).

Häufig löst eine Chemotherapie dauerhafte Beschwerden an den Verdauungsorganen aus, die ihrerseits zu Ernährungsproblemen führen. Die Beschwerden werden dadurch ausgelöst, dass die Therapie nicht nur die Tumorzellen selbst, sondern auch gesunde Zellen angreifen. Davon sind besonders rasch wachsende Körperzellen (Schleimhäute des Magen-Darm- Trakts) betroffen, woraus sich die typischen Beschwerden ergeben (Tabelle 5).

Tabelle 5: Mögliche Nebenwirkungen einer Chemotherapie

  • Appetitverlust
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Entzündungen der Schleimhäute
  • Kau- und Schluckbeschwerden
  • Beeinträchtigungen des Geschmackssinns
  • Mundtrockenheit
  • Sodbrennen
  • Völlegefühl, Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall und Verstopfung
  • Malabsorption (unzureichende Nährstoffaufnahme aus dem Darm)
  • Störungen der Leberfunktion
  • Fieber

Die Folgen einer Strahlentherapie werden maßgeblich durch die Lokalisierung des Tumors, dem Umfang der bestrahlten Region sowie Dauer und Dosierung der Bestrahlung bestimmt. Hierbei können sowohl die Nahrungsaufnahme als auch die Nahrungsverwertung beeinträchtigt sein (Tabelle 6).

Tabelle 6: Mögliche Nebenwirkungen einer Strahlentherapie

  • Appetitverlust
  • Mundtrockenheit
  • Geruchs- und Geschmacksveränderungen
  • Schleimhautentzündungen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Verstopfung und Durchfall
  • Malabsorption
  • Entzündungen der Organe bestrahlter Regionen (Entzündungen des Magen-Darm-Trakts, Blasenentzündungen)

Ernährungsempfehlungen bei Krebs

In Folge der Gabe der von der Behandlungsform abhängigen Medikamente, treten verschiedene Nebenwirkungen auf, die das tägliche Essen und Trinken beeinflussen können. Davon zu unterscheiden ist die Form der Tumorevomedkachexie (Auszehrung), die durch eine drastische Gewichtsabnahme im Verlauf der Therapie gekennzeichnet ist und unter Umständen zu einer lebensbedrohlichen Lage des Patienten führen kann. Dazu zählen unter anderem:

  • Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall
  • Abneigung gegen Fleisch und Wurst, später auch Milch und Eier
  • Kau- und Schluckbeschwerden
  • rasches Völlegefühl

In diesem Zusammenhang können Ernährungsempfehlungen, die auf eine ausgewogene Mischkost ausgerichtet sind, kontraindiziert sein, da diese Empfehlungen den Energiebedarf des Krebspatienten häufig nicht decken können.

Eine Ernährungstherapie ist dann sinnvoll, wenn sie Erkrankungsform, -verlauf und -stadium berücksichtigt beziehungsweise die Tumorart hinsichtlich ihrer Energieproduktion klassifiziert wurde und auf die jeweilige medizinische Behandlung sowie den Gesundheitszustand des Patienten abgestimmt ist!

Praxistips:

  • häufig kleine Mahlzeiten einnehmen (bis zu 8 Portionen täglich)
  • langsam essen und intensiv kauen
  • abwechslungsreich essen
  • pflanzliche Fette und Öle verwenden
  • leicht verdauliche Kohlenhydrate bevorzugen (Hirse, Breie, Reis, Vollkornnudeln, Knäckebrot, Vollkornzwieback und -flocken) und frisches Brot vermeiden
  • reichlich trinken, am besten zwischen den Mahlzeiten (Kräutertees, Mineralwässer)
  • Milchprodukte, Frischkäse und milde Käsesorten häufig verzehren
  • Lebensmittel meiden, die nicht vertragen werden
  • sehr fette und süße Speisen meiden (Paniertes, Pommes, Braten, Wurstwaren, Schokolade, fettes Gebäck und Kuchen/Torten)
  • gedünstetes Gemüse bevorzugen (Möhren, Kohlrabi, Zucchini, Spargel) und blähende Gemüse meiden (Erbsen, Bohnen, Linsen, Kohl, Paprika)
  • reifes Obst bevorzugen (Erdbeeren, Himbeeren, Bananen, Kernobst, Steinobst) und säurereiches Obst meiden (Zitrusfrüchte, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Rhabarber)
  • scharfe Gewürze meiden, ebenso geräucherte und gesalzene Waren
  • Kaffee meiden

Diese Empfehlungen entsprechen weitestgehend der Vollwertkost, die Verdauungsprobleme mildern und den Magen-Darm-Trakt schonen soll. Eine auf die Erkrankung Krebs ausgerichtete Ernährungstherapie soll die Voraussetzungen für ein besseres Befinden schaffen, das heißt, den Allgemeinzustand des Patienten verbessern, den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, die Beschwerden einer Chemo- oder Strahlentherapie mildern und die Heilungschancen verbessern sowie dem Risiko einer Wiedererkrankung vorbeugen und letztlich zu mehr Lebensqualität beitragen.
Fazit: Im Vordergrund der Ernährungstherapie steht die Gewährleistung der Energieversorgung und die Verhütung eines Nährstoffmangels sowie die Stärkung des Immunsystems und damit der körpereigenen Abwehr. In jedem Fall sollte eine Nahrungsergänzung oder aber bei besonders schwerwiegenden Fällen eine künstliche Ernährung mit dem Arzt besprochen werden.

Ernährungsempfehlungen bei Nebenwirkungen der Krebstherapie im Verdauungstrakt

Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sind gefürchtete Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie. Diese sind Folge der direkten Wirkung der Zytostatika auf das Brechzentrum im Gehirn - und nicht Folge der Medikamente auf den Magen - können aber auch psychische Ursachen haben. In solchen Fällen sind die Ernährungsrichtlinien auf die Therapie abzustimmen. So genannte Antiemetika können gegen Übelkeit und Erbrechen helfen. Neben Veränderungen des Geschmacksempfindens treten häufig auch Veränderungen des Sättigungs- und Hungerempfindens, Kau- und Schluckstörungen sowie Fieber auf. Diese durch Entzündungen ausgelösten Symptome können bis zur totalen Erschöpfung körperlicher Ressourcen (Tumorkachexie) führen.

Praxistipps:

  • Speisen mit starken Gerüchen vermeiden (kalte Speisen)
  • appetitanregende Speisen bevorzugen
  • möglichst nicht selbst kochen
  • gut verträglich sind meist Gebäck, Kartoffelbrei, Apfelmus, Quark, Bananen
  • nach dem Essen Zähne putzen
  • den Flüssigkeitsverlust ausgleichen (Mineralwässer, Tees; 2,5 bis 3 Liter täglich)
  • vor dem Aufstehen trockenes Gebäck/ Brot essen, auch für zwischendurch geeignet
  • viel und gut lüften
  • bei Geschmacksveränderungen nachwürzen
  • bei Entzündungen der Schleimhäute scharfe und salzige beziehungsweise geräucherte Lebensmittel meiden, ebenso saures Obst
  • nicht zu heiß essen
  • bei Schluckbeschwerden weiche Speisen bevorzugen (Suppen, Breie, Milchprodukte, weiches Brot, Sahnebeimischungen, Mixgetränke)
  • bei Durchfall und Erbrechen reichlich trinken, Haferschleim essen, frisches Obst und blähende Gemüse meiden

Ernährungsempfehlungen bei Tumorkachexie

Chemo- und Strahlentherapien sowie chronische Krebserkrankungen sind häufig mit einem massiven Gewichtsverlust verbunden. Veränderungen des Hunger- und Sättigungsgefühls, ein veränderter Stoffwechsel des Körpers und Fieber bzw. Entzündungen lassen eine optimale Versorgung des Körpers mit Nähr- und Wirkstoffen nicht mehr zu. Der Körper wird nicht ausreichend mit Energie versorgt. Zudem ist der Energieumsatz eines Krebspatienten in der Regel um das 2- bis 3-fache erhöht. Der Zustand der allgemeinen körperlichen Auszehrung mit einer drastischen Abnahme des Körpergewichts, Schwächung der körpereigenen Abwehr sowie Blutarmut (Anämie) wird als Kachexie bezeichnet. Die Kachexie geht häufig mit einer Mangelernährung (Malnutrition) einher.

Für den enormen Gewichtsverlust kommen viele Gründe in Betracht. Der Energieumsatz eines Krebspatienten und das schnell wachsende Tumorgewebe erfordert eine höhere Nährstoffaufnahme. Bei Beeinträchtigungen des Magen- Darm-Trakts kommen Störungen der Nährstoffverwertung hinzu. Zudem nehmen die meisten Krebspatienten zu wenig Nahrung zu sich. Die Energie- und Nährstoffversorgung stellt somit das Hauptkriterium der Ernährung von Kachexiepatienten dar. Eine fett- und eiweißreiche Kost gewährleistet eine hohe Kalorienaufnahme und beugt dem weiteren Abbau von wertvollem Muskelprotein vor. Auch ist auf die ausreichende Versorgung von Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen zu achten.

Praxistipps:

  • Lebensmittelvorräte anlegen (von Lebensmitteln bei Appetit "verführen" lassen)
  • den Tisch anregend decken und gestalten
  • vollwertige Stärkeprodukte bevorzugen (Naturreis, Vollkornnudeln, Vollkornbrot und Hülsenfrüchte)
  • fettreiche Lebensmittel verwenden (Käse, Sahne, Wurst, Nüsse und Samen)
  • Milch und Milchprodukte verzehren
  • Fleisch fettreich zubereiten (in Öl braten, panieren)
  • Fettfische verzehren (Makrele, Lachs. Hering, Thunfisch)
  • ausreichend Gemüse und Obst konsumieren (mit Öl servieren)
  • Quellstoffe verwenden
  • Ballaststoffe bei Durchfallerkrankungen bevorzugen
  • reichlich trinken (Gemüse- und Obst, Säfte, Milchmixgetränke), am besten zwischen und nicht zu den Mahlzeiten
  • Soßen mit geschlagenem Ei oder Sauerrahm anreichern
  • regelmäßig Zwischenmahlzeiten einplanen, Snacks essen

Viele Tumorpatienten entwickeln im Laufe der Krebstherapie eine Abneigung gegen Eiweißquellen. Gleichzeitig liegen aufgrund der Zerstörung der Tumorzellen erhöhte Harnsäurewerte vor. Damit steigt das Risiko, an Gicht zu erkranken. Harnsäure wird in Form von Purinen über die Nahrung aufgenommen. Bei dem Verzicht purinhaltiger Lebensmittel kann der Entstehung von Gicht vorgebeugt werden. Milch und Milchprodukte sowie Eier sind relativ purinarm, Fleisch und Fleischprodukte sowie Innereien dagegen reich an Purinen und daher zu meiden. Auch Alkohol sollte vermieden werden.

Künstliche Ernährung bei Krebspatienten

Kann die Energie- und Nährstoffversorgung über eine normale Ernährungsweise nicht mehr gewährleistet werden, ist eine künstliche Ernährung notwendig. Unter künstlicher Ernährung versteht man die so genannte enterale Ernährung mit Trink- oder Sondennahrungen oder die direkt ins Blutgefäßsystem verabreichte parenterale Ernährung. Außerdem besteht die Möglichkeit die Ernährung durch Supplemente oder Zusatznahrung anzureichern. Eine langfristige enterale Ernährung findet in der Regel über Sonden statt. Sowohl die enterale als auch die parenterale Ernährung sind im häuslichen Bereich unter Hinzuziehung so genannter Homecareteams möglich.

TKTL1-Ernährungstherapie – neue Therapiechance bei aggressiven Tumoren

Gegenwärtig wird Krebs als eine Krankheit angesehen, die durch Mutationen in Genen bedingt ist, welche das Wachstum und Absterben von Zellen kontrollieren. Die Fehlfunktion dieser mutierten Gene führt dazu, dass Krebszellen unkontrolliert wachsen können und nicht mehr absterben. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind sehr vielfältig und intensiver Gegenstand der Forschung. Sicher ist, dass sich besonders aggressive Tumorarten durch invasives Wachstum sowie Metastasenbildung auszeichnen. Warum nur bestimmte Tumorarten eine derartige Aggressivität aufweisen und welche zellulären Mechanismen eine Rolle spielen, konnte bislang nur in Ansätzen geklärt werden.

Der Stoffwechsel von Krebszellen

Bereits 1924 fand der deutsche Nobelpreisträger Professor Dr. Otto Heinrich Warburg heraus, dass bestimmte Tumorzellen ihre Energie nicht auf normalem Weg - also nicht aus der Verbrennung von Glukose (Traubenzucker) gewinnen, sondern Glukose vergären. Dieser Stoffwechsel findet unter physiologischen Bedingungen nur in Abwesenheit von Sauerstoff statt. Dies lässt sich am Beispiel Muskelkater gut erklären. Bei einer Dauerbeanspruchung des Muskels nimmt der Sauerstoffvorrat ab und wird schließlich vollständig aufgebraucht. Bei einer weiteren Belastung kann Glukose als Energielieferant daher nicht mehr verbrannt werden, sondern wird vergärt. Als Endprodukt entsteht Laktat (Milchsäure), welche die "Übersäuerungssymptome" hervorruft. Die Besonderheit der vergärenden Krebszellen liegt nun darin, dass diese auch in Anwesenheit von Sauerstoff Glukose vergären können und damit ihre Energieversorgung gewährleisten. Warburg erklärte dies mit dem Abschalten der Mitochondrien, in denen letztlich die Verbrennung der Glukose (Wasserstoff aus dem Glukoseabbau) statt findet. Wie und warum diese Tumorzellen die Glukoseverbrennung abschalten, konnte er jedoch nicht erklären.

Krebsforschers Doktor Johannes Coy lassen sich die Beobachtungen von Nobelpreisträger Warburg erklären. 1995 entdeckte er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg das Enzym Transketolase-like 1 (TKTL1; Coy et al., 1996). Die Funktion dieses Enzyms konnte nun kürzlich entschlüsselt werden. Das TKL1- Enzym ist die Basis eines bisher nicht verstandenen vergärenden Glukosestoffwechsels (aerobe Glykolyse), mit dem verständlich wird, warum bei diesem Stoffwechselweg auch verfügbarer Sauerstoff nicht für die Verbrennung von Glukose verwendet wird und statt dessen Glukose zu Laktat vergoren wird (Coy et al., 2005; Langbein et al., 2006). Dieser neue Stoffwechsel stellt einen enormen Vorteil für die Krebszellen dar. Infolge der Vergärung von Glukose und der damit verbundenen Energiegewinnung sichern sich die Krebszellen einen selektiven Vorteil, in dessen Folge sie sich unkontrolliert vermehren können, in andere Gewebe eindringen und metastasieren. Gleichzeitig werden die Zellen gegenüber vielen Chemo- und Strahlentherapien resistent (Tabelle 7).

Tabelle 7: Selektive Vorteile vergärender Tumorzellen

  • Die bei der Vergärung von Glukose gebildeten Säuren Laktat (Milchsäure) und Kohlensäure führen zu einer Zerstörung des umgebenden Gewebes (Matrixdegradation). Dies ermöglicht den Tumorzellen in gesunde Gewebe einzudringen und zu metastasieren (Gatenby und Gawlinski, 2003).
  • Das Abschalten der Mitochondrien in Tumorzellen führt zu Resistenzen gegenüber vielen Chemotherapeutika (Xu et al., 2005).
  • Die Abhängigkeit dieser Tumorzellen von Sauerstoff nimmt dramatisch ab. Die Tumorzellen überstehen auch eine Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie) im Gewebe.
  • Tumorzellen in hypoxischen Regionen werden resistenter gegenüber einer Strahlentherapie.

Neben den Vorteilen führt dieser Stoffwechselweg auch zu Schwachstellen für die Tumorzelle (Tabelle 8).

Krebszellen, die Glukose vergären, sind auf Glukose als alleinigen Treibstoff angewiesen. Weder Fruktose, noch Proteine oder Fette können als Energielieferanten herangezogen werden, da in vielen TKTL1-positiven Zellen die Fettverbrennung (ß-Oxidation) abgeschaltet ist (Buzzai et al., 2005). Aufgrund dieser enormen Einschränkung sind die Tumorzellen empfindlich für einen Zelltod, der allein durch den Entzug von Glukose ausgelöst werden kann.

Tabelle 8: Nachteile vergärender Tumorzellen

  • Diese Tumorzellen sind abhängig von der Glukoseversorgung, da nur Glukose als Energiequelle herangezogen werden kann und damit die Lebensgrundlage dieser Zellen darstellt. Fruktose ist beispielsweise nur schwerlich für die Energiegewinnung nutzbar.
  • Gleichzeitig wird in solchen Tumorzellen die Fettverbrennung abgeschaltet (Hemmung der ß-Oxidation). Diese Zellen können Öle/Fette nicht länger als Energiequelle nutzen.
  • Im Vergleich zu einer Glukose-verbrennenden Zelle muss eine Glukose-vergärende Zelle etwa 20-30 mal mehr Glukose aufnehmen, da die Effizienz der Energieausbeute wesentlich geringer ist.

Die Entdeckung von Coy erfordern, dass man Krebs nach Art der Energiegewinnung künftig in zwei verschiedene Klassen unterteilen muß:

  • Krebszellen, die Glukose verbrennen (TKTL1- negativ)
  • Krebszellen, die Glukose vergären (TKTL1- positiv)

Durch den Nachweis des TKTL1-Enzyms in Tumorzellen können Krebspatienten identifiziert werden, bei denen eine Hemmung des Glukosestoffwechsels sinnvoll ist. In Zusammenarbeit mit der Urologin Sigrun Langbein sowie Medizinern aus Palermo und Freiburg fanden Dr. Coy und sein Team heraus, dass die Prognose für Tumorpatienten, bei denen TKTL1-positive Zellen nachgewiesen wurden, sehr viel schlechter ist. Diese Ergebnisse wurden jüngst in der Ausgabe 94 (4): 578 – 585 des British Journal of Cancer 2006 veröffentlicht.

Im Rahmen eines neuartigen pharmakodiagnostischen Therapiekonzeptes soll dieser Stoffwechsel zukünftig in Tumoren detektiert und anschließend gezielt durch die Blockierung des Enzyms mit einem in der Entwicklung befindlichen Medikament gehemmt werden. Damit würde man der Zelle die Fähigkeit nehmen, Energie zu gewinnen. Leider werden bis zur möglichen Zulassung noch einige Jahre verstreichen.

Die TKTL1-Ernährungstherapie bietet schon jetzt eine Chance, in den Energiestoffwechsel vergärender Zellen einzugreifen

Sind TKTL1-positive Zellen im Tumor nachgewiesen, kann man über die TKTL1- Ernährungstherapie herkömmliche Therapien wie Chemo- und Strahlentherapie sinnvoll unterstützen.

Bei der TKTL1-Ernährungstherapie handelt es sich erstmalig um einen Ansatz, durch eine gezielte Ernährung das Wachstum von Tumorzellen zu beeinflussen. (Achtung: Nur wenn TKTL1-Enzymaktivität nachgewiesen wurde, sollte die Ernährungstherapie durchgeführt werden. Diese sollte in diesem Fall über einen Zeitraum von 3 Monaten konsequent verfolgt werden.)

Krebszellen die Glukose vergären (TKTL1-positiv) haben eine Schwachstelle, auf die die Ernährungstherapie ausgerichtet ist. Sie sind abhängig von der Glukoseversorgung, weil in der Zelle die Fettverbrennung (ß-Oxidation) abgeschaltet ist. Fette und Öle können dann nicht mehr als Energiequelle genutzt werden.

Die TKTL1-Ernährungstherapie verfolgt das Ziel, die Tumorzellen von der Energieversorgung abzukoppeln (Substratlimitierung). Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die kontinuierliche und ausreichende Versorgung des Organismus sowohl mit Energie als auch mit Vitaminen und Spurenelementen gewährleistet ist, wenn über einen längeren Zeitraum eine Substratlimitierung durch eine Einschränkung des Verzehrs von Kohlenhydraten und Zuckern vorgenommen wird.

Erlaubte kohlenhydrat- beziehungsweise zuckerfreie Nahrungsmittel im Rahmen der Ernährungstherapie (Tabelle 9).

Tabelle 9: Erlaubte Lebensmittel im Rahmen der TKTL1-Ernährungstherapie Kohlenhydrat- und zuckerfreie Lebensmittel

  • Mineralwasser, Leitungswasser
  • Stengel- und Blattgemüse (z.B. grüner Salat, Brokkoli, Spinat, Gurken)
  • Speiseöle, -fette
  • laktosefreie Milch
  • Joghurt pur
  • Hartkäse, Weichkäse (Doppelrahmstufe)
  • Fleisch und Fisch (unzubereitet)
  • Eier
  • einige Wurstsorten
  • Kaffee, Kräuter- und Schwarztee

Das Grundprinzip der TKTL1-Ernährungstherapie besteht darin, eine Abgabe von Blutzucker an Gewebezellen durch die Verwendung ausgewählter Nahrungsmittel zu verhindern.

Die Blutzuckerregulation, also der Glukosegehalt im Blut, wird im menschlichen Organismus unter physiologischen Bedingungen gut gewährleistet. Der Verzehr von zuckerhaltigen Speisen führt kurzfristig zu einem Anstieg der Glukosekonzentration im Blut. Der Organismus schüttet daraufhin Insulin aus, das die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in die Zellen ermöglicht. Die Glukosekonzentration im Blut normalisiert sich.

Sinkt dagegen der Zuckerspiegel im Blut unter einen bestimmten Wert, wird aus den Glykogenspeichern Glukose freigesetzt und ins Blut abgegeben.

Bei einer glukose- und kohlenhydratarmen Ernährung werden zunächst die Glykogenspeicher vollständig geleert. Der menschliche Organismus stellt seine Energieversorgung auf die Verwertung von Ketonkörpern um. In dieser Stoffwechsellage wird kaum noch Insulin ausgeschüttet, so dass die Blutglukose nicht mehr an die Zellen abgegeben werden kann. Die Blutglukosekonzentration bleibt deshalb weiterhin konstant.

Gewebezellen bleibt unter diesen Bedingungen nur die Möglichkeit, Ketonkörper als Energiequelle zu nutzen. Diese können im Körper unter anderem aus Eiweißen und Fett gebildet werden. TKTL1-positive Tumorzellen können Ketonkörper nicht nutzen, weil bei Ihnen die ß-Oxidation abgeschaltet ist. In diesem Versorgungszustand wird die Energiezufuhr der Tumorzelle unterbrochen. Ohne Energiezufuhr oder -gewinnung kann sich die Krebszelle nicht vermehren. Aufgrund der Unempfindlichkeit gegenüber vielen Chemotherapeutika ist es von großer Wichtigkeit, vor der Durchführung einer Chemotherapie auf den TKTL1-Stoffwechsel zu prüfen. Im Falle TKTL1- positiver Zellen sollte parallel zu einer Chemotherapie immer auch eine TKTL1-Ernährungstherapie durchgeführt werden, um einen optimalen Behandlungserfolg zu gewährleisten.

Eine Chemotherapie greift zwar Glukose-verbrennende Tumorzellen an, wirkt aber häufig nicht gegen Glukose-vergärende Zellen (Xu et al., 2005). In diesem Fall verschafft eine Chemotherapie den TKTL1-positiven Zellen einen Selektionsvorteil. Das Umschalten auf die Glukosevergärung verleiht den Tumorzellen eine Resistenz gegenüber vielen Chemotherapien. Da dieses Umschalten nur funktioniert, wenn ausreichend Glukose vorhanden ist, kann durch eine Limitierung der Glukosezufuhr die Resistenzbildung vermindert werden. Werden die Tumorzellen mit ausreichend Glukose gefüttert, können diese im Gegensatz zu Tumorzellen, die durch die Chemotherapie vernichtet werden, schneller wachsen und sich folglich schneller ausbreiten. Hierdurch bedingt, nimmt die Zahl der TKTL1-positiven Zellen stetig zu, die Ansprechraten von Chemotherapeutika verschlechtern sich und die tumorfreie Zeit verkürzt sich. Der Tumor wird invasiv, dringt in andere Gewebe ein und bildet Metastasen.

Durchbrechung des Teufelskreislaufes durch eine gezielte Kombination aus Chemotherapie- und Ernährungstherapie

Stets vor dem Hintergrund, dass TKTL1-positive Tumorzellen nachweisbar sind, existieren im Tumor zwei Typen von Tumorzellen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Art der Energiegewinnung. Während die verbrennenden Zellen ihren Energiebedarf über die Atmungskette der Mitochondrien abdecken, sind vergärende Zellen vollkommen unabhängig von TKTL1 Glukosevergärungsstoffwechsel. Therapiestrategien gegen die Mitochondrien oder die Enzyme der Atmungskette bleiben daher ohne Erfolg. Die Hoffnung liegt in der deutlichen Verbesserung der Chemotherapie durch eine begleitende Ernährungstherapie.

1999 konnte in einer Studie aufgezeigt werden, dass sich die Vermehrung von Tumorzellen durch Transketolase-Hemmstoffe unterdrücken lässt. Komplementär hierzu führt die Aktivierung der Transketolase zu einer deutlichen Stimulierung des Tumorwachstums (Rais et al., 1999; Comin-AndiuX et al., 2001). Zu den Transketolaseinhibitoren zählt unter anderem das Oxythiamin. Oxythiamin ist ein Inhibitor des Enzyms Transketolase, das von der biologisch aktiven Form des Thiamins (Vitamin B1) abgeleitet ist. Es konnte bereits gezeigt werden, dass Thiamingaben das Tumorwachstum beschleunigen können. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass bei Vorhandensein von TKTL1- positiven Zellen bei der Einnahme von Thiamin Vorsicht geboten ist. Derzeit werden Hemmstoffe des TKTL1-Enzyms zu neuen Antikrebsmedikamenten entwickelt, mit denen es in der Zukunft möglich sein soll, die TKTL1-Transketolase und die damit einhergehende Glukosevergärung gezielt zu hemmen, um die Energieproduktion in den Tumoren zum Stillstand zu bringen.

Fazit

Ebenso wie die Entstehung von Krebserkrankungen immer eine Kette von Reaktionen darstellt, bestehen auch die Krebsdiagnostik und -therapie aus verschiedenen Bausteinen, die es zu berücksichtigen gilt. In Abhängigkeit der Tumorart und der sich daraus ergebenden Lebensgrundlage von Tumorzellen kann der Ernährungstherapie bei einer besonderen Gruppe von Krebspatienten eine neue Bedeutung zukommen. Die allgemeinen Ernährungsempfehlungen bei Krebspatienten setzen sich somit in Abhängigkeit von der Tumorart, der Schwere der Erkrankung, der auftretenden Nebenwirkungen der Therapie, der Behandlungsform selbst sowie der individuellen Verfassung des Patienten zusammen. Nur bei Berücksichtigung der tumorabhängigen Folgeerscheinungen sind eine kontinuierliche Verbesserung des Ernährungsstatus beziehungsweise eine ausreichende Versorgung mit Energie, Nährstoffen und Wirkstoffen sowie optimale Heilungschancen gewährleistet.

Tipps zur gesunden Ernährung

  • Greifen Sie täglich zu Obst und rohem Gemüse; Frucht- und Gemüsesäfte sind eine ideale Bereicherung Ihres Frühstücks. Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag sollten es sein.
  • Probieren Sie Körnerbrote, bei der großen Auswahl ist bestimmt auch das richtige für Sie dabei.
  • Verfeinern Sie Brotbelag, Aufläufe oder Salatteller möglichst oft mit frischen Kräutern und Getreidesamen.
  • Bevorzugen Sie fettarme Produkte, achten Sie besonders bei Milchprodukten auf den Fettgehalt.
  • Nutzen Sie die Rezeptvielfalt der mediterranen oder asiatischen Küche mit knackigem Gemüse, Seefisch und hochwertigen Ölen.
  • Sparen Sie Zeit beim Kochen durch die Verwendung von naturbelassenem Tiefkühlgemüse.
  • Trinken Sie zu jeder Mahlzeit ein Glas Wasser und achten Sie während des Tages auf genügend Flüssigkeit: mindestens 1,5 Liter pro Tag.
  • Genießen Sie Ihr Essen und nehmen Sie sich Zeit. Erst nach ca. 30 Minuten spüren Sie, dass Sie satt werden.
  • Frische Lebensmittel sollten Sie am besten noch am selben Tag des Einkaufes verarbeiten. So können Sie die meisten Vitalstoffe erhalten.
  • Garen Sie die jeweiligen Speisen nur kurz bei möglichst niedrigen Temperaturen, mit wenig Wasser und wenig Fett - das erhält den natürlichen Geschmack, schont die Nährstoffe und verhindert die Bildung schädlicher Verbindungen.
  • Öle verlieren nach dem Anbruch der Flasche schnell Ihre Haltbarkeit, deshalb sollten Sie diese kühl und dunkel lagern. Sobald ein Öl ranzig riecht, sollten Sie es nicht mehr verwenden.
  • Gesunde Ernährung soll keine Pflichtübung sein, sondern Spaß machen. Laden Sie Freunde zum Essen ein, beteiligen Sie Ihre Familie am Planen, Einkaufen und Kochen. Mindestens einmal pro Woche sollten Sie sich mit Ihrer Familie Zeit für ein ausgedehntes Mittag- oder Abendessen nehmen. Ein schön gedeckter Tisch mit Kerzen zaubert die richtige Atmosphäre um das Essen gemeinsam zu genießen.

Folgeerkrankungen durch Übergewicht

Menschen mit Übergewicht leiden häufig unter zahlreichen Beschwerden wie Kurzatmigkeit, starkem Schwitzen, schneller Ermüdbarkeit oder Schmerzen an Wirbelsäule, Hüft- oder Kniegelenken. Auch viele psychosoziale Probleme gehen mit Übergewicht einher.

Daneben ist Übergewicht in den Industrieländern der größte Risikofaktor für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Schlaganfall und Fettstoffwechselstörungen.

Jährlich sterben Tausende von Menschen an den Folgen von Übergewicht. Außerdem begünstigt Übergewicht auch die Entstehung von Arthrose, Bandscheibenschäden und Gicht. Das Risiko, Folgeerkrankungen zu entwickeln, erhöht sich mit steigendem BMI-Wert.

Auch die Fettverteilung spielt eine Rolle: Insbesondere eine stammbetonte Fettverteilung erhöht das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Durch eine gesunde Lebensweise mit Sport, Ernährungsumstellung und Entspannung können Sie vielen ernährungsbedingten Folgeerkrankungen entgegen wirken.

Ernährung und Krebs

Zusammenhang zwischen Ernährungsweise und der Entstehung von Krebserkrankungen

Die Wechselwirkungen von Ernährung und Krebs sind ein vieldiskutiertes und umstrittenes Thema. Ein Zusammenhang zwischen der Ernährungsweise und dem Auftreten von Krebs konnte in den letzten Jahren in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien belegt werden. Gab es bisher keine wissenschaftlich fundierte „Krebsdiät“, gibt es neuesten Ergebnissen zufolge für eine bestimmte Gruppe von Krebspatienten einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen den Krebs. Basierend auf der unterschiedlichen Energieproduktion in Tumorzellen kann Krebs in zwei Klassen unterteilt werden. Eine Gruppe von Tumorarten kann infolge eines veränderten Stoffwechsels - und damit einer anderen Form der Energieproduktion - durch die gezielte Beeinflussung der Ernährungsweise in ihrer Entwicklung gehemmt und womöglich zum Absterben gebracht werden. Eine Wunderwaffe gegen Krebs ist die Ernährung dennoch nicht. Bewiesen ist, dass das Essverhalten einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung von Krebs haben kann (Tabelle 1).

Die Entstehung von Krebs ist aber nicht allein auf die Ernährungsweise zurückzuführen. Auch Faktoren wie Rauchen, Umweltverschmutzung, Arbeitsplatzbedingungen, Stress, Strahlung, Mikroorganismen oder erbliche Veranlagung können einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung von Krebs ausüben. Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl von Inhaltsstoffen, die das Risiko, an Krebs zu erkranken, beträchtlich senken können (Tabelle 2).

Tabelle 1: Ergebnisse wissenschaftlicher Studien mit Hinweisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko

Faktor förderte das Risiko von
Übergewicht, Verzehr von tierischen Fetten Darm-, Prostatakrebs
Schimmelpilze (Aflatoxine) Leberkrebs
Schadstoffe (Nitrosamine in gepökeltem Fleisch, Benzopyren in gegrilltem Fleisch,
Schwermetalle in Innereien)
Mundhöhlen-, Magenkrebs
Alkohol Mundhöhlen-, Speiseröhre-, Magen-, Brustkrebs
Kaffee Blasenkrebs


Tabelle 2: Ergebnisse wissenschaftlicher Studien mit Hinweisen auf ein vermindertes Krebsrisiko

Faktor minderte das Risiko von
Omega-3-Fettsäuren (in Fisch und Fischölen) Darmkrebs
Olivenöl Brustkrebs
Ballaststoffe Darmkrebs
ß-Carotin (Vorstufe Vitamin A, in Möhren, Mangos, Aprikosen, Grünkohl, Spinat, Paprika) Lungen-, Harnblasen-, Mundhöhlen-, Speiseröhren- und Prostatakrebs
Vitamin C (in Zitrusfrüchten, Paprika, Petersilie, Kartoffeln) Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Magen-, Darmkrebs
Vitamin E (in Vollkornprodukten, Nüssen, Pflanzenölen) Lungen-, Magen-, Darmkrebs
Calcium (in Milch, Milchprodukten) Dickdarmkrebs
Jod (in Seefisch) Schilddrüsenkrebs
Selen, Zink (in Getreide, Fisch, Fleisch, Eier) mehrere Krebsarten



Tabelle 3: Sekundäre Pflanzenstoffe mit krebshemmenden Eigenschaften

Pflanzenstoffgruppe Vorkommen
Carotinoide Gelb-orange farbenes Gemüse und Obst
Phytosterine Sonnenblumenkerne, Sesam, Sojabohnen
Phytinsäure Getreide
Sulfide Knoblauch, Zwiebeln, Lauch
Phytoöstrogene Hülsenfrüchte
Monoterpene Äpfel, Aprikosen, Beeren, Orangen
Protease-Inhibitoren Hülsenfrüchte, Getreide, Kartoffeln, Reis, Mais
Saponine Hülsenfrüchte, Spinat, Rosmarin, Salbei
Polyphenole in nahezu alle pflanzlichen Lebensmitteln, Wein, Tee
Glucosinolate Kohlsorten, Senf, Meerrettich, Kresse

Sekundäre Pflanzenstoffe und Krebs

Viele der krebshemmenden Wirkstoffe in Nahrungsmitteln sind in Gemüse und Obst enthalten. Neben Vitaminen und Mineralstoffen sind vor allem die sekundären Pflanzenstoffe Gegenstand intensiver Forschung. Für zahlreiche Substanzen konnten in wissenschaftlichen Studien krebshemmende Eigenschaften beobachtet werden (Tabelle 3).

Sekundäre Pflanzenstoffe hemmen meist Enzyme, die in die Entstehung von Krebs involviert sind. Sie hemmen die Aktivierung von Prokanzerogenen (nicht krebsauslösend) zu Kanzerogenen (krebsauslösend) oder aber beschleunigen die Entgiftung vorhandener Kanzerogene. Einige Substanzen wirken über mehrere Mechanismen antikanzerogen. Welche Substanzen im Einzelnen wirksam sind, hängt von der Dosis, der Art der Verabreichung, der Interaktion mit anderen Substanzen sowie der Art des Kanzerogens ab. Einige Substanzen können bestimmte Bindungsstellen der DNA, der Erbsubstanz, schützen, indem sie die Bindung krebsauslösender Kanzerogene an die DNA verhindern. Dazu zählen in erster Linie die Carotinoide, Phenolsäuren und Flavonoide.

Gibt es eine "Krebsdiät"?

Aufgabe der Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit lebenswichtigen Nähr- und Wirkstoffen, die der Gesundheitserhaltung und -förderung dient. Jede einseitige Ernährungsweise, sei es im Mangel oder im Überfluss an bestimmten Inhaltsstoffen, birgt Risiken im Hinblick auf eine Vielzahl von Erkrankungen. In der Regel lassen sich ernährungs(mit)bedingte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-, Nieren-, Magen- oder Darmerkrankungen durch eine spezielle Ernährungstherapie sowohl in ihrem Verlauf, als auch in ihrer Heilung beeinflussen. Doch die Krebsentstehung und das Krebswachstum ist nicht durch die Ernährung allein beeinflussbar, sondern ein komplizierter und vielschichtiger Prozess, der sich mit einer Diät allein nicht bekämpfen lässt.

In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Krebsdiäten veröffentlicht, deren Wirksamkeit jedoch bis heute nicht bewiesen werden konnte (Tabelle 4). Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass durch eine protein- und öl- beziehungsweise fettreiche Kost besonders aggressive Tumoren in ihrem Wachstum eingedämmt und zum Absterben gezwungen werden.

Hemmung der Aktivierung von Prokanzerogenen zu Kanzerogenen Carotinoide, Isothiocyanate, Indole, Flavonoide, Sulfide, Phytoöstrogene, Thiocyanate, Phenolsäuren,
Monoterpene
Beschleunigung der Entgiftung von aktivierten
Kanzerogenen
Isothiocyanate, Indole, Flavonoide, Sulfide, Thiocyanate, Phenolsäuren, Monoterpene



Tabelle 4: Verschiedene Krebsdiäten: Krebsdiäten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht bewiesen werden konnten (manche davon gehen mit gefährlichen Nebenwirkungen einher):

  • Milchsäurekost nach Kuhl
  • Ernährungstherapie bei Krebspatienten nach Zabel
  • Rote-Bete-Therapie nach Schmidt
  • "Krebstherapie" nach Gerson
  • Harnsäure-Diät nach Bircher-Benner
  • Insulindiät nach Leupold
  • makrobiotische Ernährungsweise nach Oshawa und Kushi
  • Fastenkuren

Einige Kostformen entsprechen einer ausgewogenen, nährstoffreichen Ernährungsweise, können aber nicht als Krebsdiät gewertet werden. Nach dem derzeitigen Wissensstand gibt es keine Diät, die eine medizinische Behandlung des Tumors ersetzen kann. Vielmehr sollte das Augenmerk auf eine Kost gerichtet werden, die typische Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen einer Krebstherapie berücksichtigt.

Nebenwirkungen von Krebstherapien und deren Auswirkung auf den Ernährungsstatus

Die einzelnen Krebsarten unterscheiden sich hinsichtlich ihres Verlaufs, ihrer Aggressivität und daraus ableitend ihrer Behandlung (Operation, Strahlen-, Chemotherapie, Knochenmarktransplantation).

Häufig löst eine Chemotherapie dauerhafte Beschwerden an den Verdauungsorganen aus, die ihrerseits zu Ernährungsproblemen führen. Die Beschwerden werden dadurch ausgelöst, dass die Therapie nicht nur die Tumorzellen selbst, sondern auch gesunde Zellen angreifen. Davon sind besonders rasch wachsende Körperzellen (Schleimhäute des Magen-Darm- Trakts) betroffen, woraus sich die typischen Beschwerden ergeben (Tabelle 5).

Tabelle 5: Mögliche Nebenwirkungen einer Chemotherapie

  • Appetitverlust
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Entzündungen der Schleimhäute
  • Kau- und Schluckbeschwerden
  • Beeinträchtigungen des Geschmackssinns
  • Mundtrockenheit
  • Sodbrennen
  • Völlegefühl, Blähungen
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall und Verstopfung
  • Malabsorption (unzureichende Nährstoffaufnahme aus dem Darm)
  • Störungen der Leberfunktion
  • Fieber

Die Folgen einer Strahlentherapie werden maßgeblich durch die Lokalisierung des Tumors, dem Umfang der bestrahlten Region sowie Dauer und Dosierung der Bestrahlung bestimmt. Hierbei können sowohl die Nahrungsaufnahme als auch die Nahrungsverwertung beeinträchtigt sein (Tabelle 6).

Tabelle 6: Mögliche Nebenwirkungen einer Strahlentherapie

  • Appetitverlust
  • Mundtrockenheit
  • Geruchs- und Geschmacksveränderungen
  • Schleimhautentzündungen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Verstopfung und Durchfall
  • Malabsorption
  • Entzündungen der Organe bestrahlter Regionen (Entzündungen des Magen-Darm-Trakts, Blasenentzündungen)

Ernährungsempfehlungen bei Krebs

In Folge der Gabe der von der Behandlungsform abhängigen Medikamente, treten verschiedene Nebenwirkungen auf, die das tägliche Essen und Trinken beeinflussen können. Davon zu unterscheiden ist die Form der Tumorevomedkachexie (Auszehrung), die durch eine drastische Gewichtsabnahme im Verlauf der Therapie gekennzeichnet ist und unter Umständen zu einer lebensbedrohlichen Lage des Patienten führen kann. Dazu zählen unter anderem:

  • Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall
  • Abneigung gegen Fleisch und Wurst, später auch Milch und Eier
  • Kau- und Schluckbeschwerden
  • rasches Völlegefühl

In diesem Zusammenhang können Ernährungsempfehlungen, die auf eine ausgewogene Mischkost ausgerichtet sind, kontraindiziert sein, da diese Empfehlungen den Energiebedarf des Krebspatienten häufig nicht decken können.

Eine Ernährungstherapie ist dann sinnvoll, wenn sie Erkrankungsform, -verlauf und -stadium berücksichtigt beziehungsweise die Tumorart hinsichtlich ihrer Energieproduktion klassifiziert wurde und auf die jeweilige medizinische Behandlung sowie den Gesundheitszustand des Patienten abgestimmt ist!

Praxistips:

  • häufig kleine Mahlzeiten einnehmen (bis zu 8 Portionen täglich)
  • langsam essen und intensiv kauen
  • abwechslungsreich essen
  • pflanzliche Fette und Öle verwenden
  • leicht verdauliche Kohlenhydrate bevorzugen (Hirse, Breie, Reis, Vollkornnudeln, Knäckebrot, Vollkornzwieback und -flocken) und frisches Brot vermeiden
  • reichlich trinken, am besten zwischen den Mahlzeiten (Kräutertees, Mineralwässer)
  • Milchprodukte, Frischkäse und milde Käsesorten häufig verzehren
  • Lebensmittel meiden, die nicht vertragen werden
  • sehr fette und süße Speisen meiden (Paniertes, Pommes, Braten, Wurstwaren, Schokolade, fettes Gebäck und Kuchen/Torten)
  • gedünstetes Gemüse bevorzugen (Möhren, Kohlrabi, Zucchini, Spargel) und blähende Gemüse meiden (Erbsen, Bohnen, Linsen, Kohl, Paprika)
  • reifes Obst bevorzugen (Erdbeeren, Himbeeren, Bananen, Kernobst, Steinobst) und säurereiches Obst meiden (Zitrusfrüchte, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Rhabarber)
  • scharfe Gewürze meiden, ebenso geräucherte und gesalzene Waren
  • Kaffee meiden

Diese Empfehlungen entsprechen weitestgehend der Vollwertkost, die Verdauungsprobleme mildern und den Magen-Darm-Trakt schonen soll. Eine auf die Erkrankung Krebs ausgerichtete Ernährungstherapie soll die Voraussetzungen für ein besseres Befinden schaffen, das heißt, den Allgemeinzustand des Patienten verbessern, den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, die Beschwerden einer Chemo- oder Strahlentherapie mildern und die Heilungschancen verbessern sowie dem Risiko einer Wiedererkrankung vorbeugen und letztlich zu mehr Lebensqualität beitragen.
Fazit: Im Vordergrund der Ernährungstherapie steht die Gewährleistung der Energieversorgung und die Verhütung eines Nährstoffmangels sowie die Stärkung des Immunsystems und damit der körpereigenen Abwehr. In jedem Fall sollte eine Nahrungsergänzung oder aber bei besonders schwerwiegenden Fällen eine künstliche Ernährung mit dem Arzt besprochen werden.

Ernährungsempfehlungen bei Nebenwirkungen der Krebstherapie im Verdauungstrakt

Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sind gefürchtete Nebenwirkungen der Chemo- und Strahlentherapie. Diese sind Folge der direkten Wirkung der Zytostatika auf das Brechzentrum im Gehirn - und nicht Folge der Medikamente auf den Magen - können aber auch psychische Ursachen haben. In solchen Fällen sind die Ernährungsrichtlinien auf die Therapie abzustimmen. So genannte Antiemetika können gegen Übelkeit und Erbrechen helfen. Neben Veränderungen des Geschmacksempfindens treten häufig auch Veränderungen des Sättigungs- und Hungerempfindens, Kau- und Schluckstörungen sowie Fieber auf. Diese durch Entzündungen ausgelösten Symptome können bis zur totalen Erschöpfung körperlicher Ressourcen (Tumorkachexie) führen.

Praxistipps:

  • Speisen mit starken Gerüchen vermeiden (kalte Speisen)
  • appetitanregende Speisen bevorzugen
  • möglichst nicht selbst kochen
  • gut verträglich sind meist Gebäck, Kartoffelbrei, Apfelmus, Quark, Bananen
  • nach dem Essen Zähne putzen
  • den Flüssigkeitsverlust ausgleichen (Mineralwässer, Tees; 2,5 bis 3 Liter täglich)
  • vor dem Aufstehen trockenes Gebäck/ Brot essen, auch für zwischendurch geeignet
  • viel und gut lüften
  • bei Geschmacksveränderungen nachwürzen
  • bei Entzündungen der Schleimhäute scharfe und salzige beziehungsweise geräucherte Lebensmittel meiden, ebenso saures Obst
  • nicht zu heiß essen
  • bei Schluckbeschwerden weiche Speisen bevorzugen (Suppen, Breie, Milchprodukte, weiches Brot, Sahnebeimischungen, Mixgetränke)
  • bei Durchfall und Erbrechen reichlich trinken, Haferschleim essen, frisches Obst und blähende Gemüse meiden

Ernährungsempfehlungen bei Tumorkachexie

Chemo- und Strahlentherapien sowie chronische Krebserkrankungen sind häufig mit einem massiven Gewichtsverlust verbunden. Veränderungen des Hunger- und Sättigungsgefühls, ein veränderter Stoffwechsel des Körpers und Fieber bzw. Entzündungen lassen eine optimale Versorgung des Körpers mit Nähr- und Wirkstoffen nicht mehr zu. Der Körper wird nicht ausreichend mit Energie versorgt. Zudem ist der Energieumsatz eines Krebspatienten in der Regel um das 2- bis 3-fache erhöht. Der Zustand der allgemeinen körperlichen Auszehrung mit einer drastischen Abnahme des Körpergewichts, Schwächung der körpereigenen Abwehr sowie Blutarmut (Anämie) wird als Kachexie bezeichnet. Die Kachexie geht häufig mit einer Mangelernährung (Malnutrition) einher.

Für den enormen Gewichtsverlust kommen viele Gründe in Betracht. Der Energieumsatz eines Krebspatienten und das schnell wachsende Tumorgewebe erfordert eine höhere Nährstoffaufnahme. Bei Beeinträchtigungen des Magen- Darm-Trakts kommen Störungen der Nährstoffverwertung hinzu. Zudem nehmen die meisten Krebspatienten zu wenig Nahrung zu sich. Die Energie- und Nährstoffversorgung stellt somit das Hauptkriterium der Ernährung von Kachexiepatienten dar. Eine fett- und eiweißreiche Kost gewährleistet eine hohe Kalorienaufnahme und beugt dem weiteren Abbau von wertvollem Muskelprotein vor. Auch ist auf die ausreichende Versorgung von Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen zu achten.

Praxistipps:

  • Lebensmittelvorräte anlegen (von Lebensmitteln bei Appetit "verführen" lassen)
  • den Tisch anregend decken und gestalten
  • vollwertige Stärkeprodukte bevorzugen (Naturreis, Vollkornnudeln, Vollkornbrot und Hülsenfrüchte)
  • fettreiche Lebensmittel verwenden (Käse, Sahne, Wurst, Nüsse und Samen)
  • Milch und Milchprodukte verzehren
  • Fleisch fettreich zubereiten (in Öl braten, panieren)
  • Fettfische verzehren (Makrele, Lachs. Hering, Thunfisch)
  • ausreichend Gemüse und Obst konsumieren (mit Öl servieren)
  • Quellstoffe verwenden
  • Ballaststoffe bei Durchfallerkrankungen bevorzugen
  • reichlich trinken (Gemüse- und Obst, Säfte, Milchmixgetränke), am besten zwischen und nicht zu den Mahlzeiten
  • Soßen mit geschlagenem Ei oder Sauerrahm anreichern
  • regelmäßig Zwischenmahlzeiten einplanen, Snacks essen

Viele Tumorpatienten entwickeln im Laufe der Krebstherapie eine Abneigung gegen Eiweißquellen. Gleichzeitig liegen aufgrund der Zerstörung der Tumorzellen erhöhte Harnsäurewerte vor. Damit steigt das Risiko, an Gicht zu erkranken. Harnsäure wird in Form von Purinen über die Nahrung aufgenommen. Bei dem Verzicht purinhaltiger Lebensmittel kann der Entstehung von Gicht vorgebeugt werden. Milch und Milchprodukte sowie Eier sind relativ purinarm, Fleisch und Fleischprodukte sowie Innereien dagegen reich an Purinen und daher zu meiden. Auch Alkohol sollte vermieden werden.

Künstliche Ernährung bei Krebspatienten

Kann die Energie- und Nährstoffversorgung über eine normale Ernährungsweise nicht mehr gewährleistet werden, ist eine künstliche Ernährung notwendig. Unter künstlicher Ernährung versteht man die so genannte enterale Ernährung mit Trink- oder Sondennahrungen oder die direkt ins Blutgefäßsystem verabreichte parenterale Ernährung. Außerdem besteht die Möglichkeit die Ernährung durch Supplemente oder Zusatznahrung anzureichern. Eine langfristige enterale Ernährung findet in der Regel über Sonden statt. Sowohl die enterale als auch die parenterale Ernährung sind im häuslichen Bereich unter Hinzuziehung so genannter Homecareteams möglich.

TKTL1-Ernährungstherapie – neue Therapiechance bei aggressiven Tumoren

Gegenwärtig wird Krebs als eine Krankheit angesehen, die durch Mutationen in Genen bedingt ist, welche das Wachstum und Absterben von Zellen kontrollieren. Die Fehlfunktion dieser mutierten Gene führt dazu, dass Krebszellen unkontrolliert wachsen können und nicht mehr absterben. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind sehr vielfältig und intensiver Gegenstand der Forschung. Sicher ist, dass sich besonders aggressive Tumorarten durch invasives Wachstum sowie Metastasenbildung auszeichnen. Warum nur bestimmte Tumorarten eine derartige Aggressivität aufweisen und welche zellulären Mechanismen eine Rolle spielen, konnte bislang nur in Ansätzen geklärt werden.

Der Stoffwechsel von Krebszellen

Bereits 1924 fand der deutsche Nobelpreisträger Professor Dr. Otto Heinrich Warburg heraus, dass bestimmte Tumorzellen ihre Energie nicht auf normalem Weg - also nicht aus der Verbrennung von Glukose (Traubenzucker) gewinnen, sondern Glukose vergären. Dieser Stoffwechsel findet unter physiologischen Bedingungen nur in Abwesenheit von Sauerstoff statt. Dies lässt sich am Beispiel Muskelkater gut erklären. Bei einer Dauerbeanspruchung des Muskels nimmt der Sauerstoffvorrat ab und wird schließlich vollständig aufgebraucht. Bei einer weiteren Belastung kann Glukose als Energielieferant daher nicht mehr verbrannt werden, sondern wird vergärt. Als Endprodukt entsteht Laktat (Milchsäure), welche die "Übersäuerungssymptome" hervorruft. Die Besonderheit der vergärenden Krebszellen liegt nun darin, dass diese auch in Anwesenheit von Sauerstoff Glukose vergären können und damit ihre Energieversorgung gewährleisten. Warburg erklärte dies mit dem Abschalten der Mitochondrien, in denen letztlich die Verbrennung der Glukose (Wasserstoff aus dem Glukoseabbau) statt findet. Wie und warum diese Tumorzellen die Glukoseverbrennung abschalten, konnte er jedoch nicht erklären.

Krebsforschers Doktor Johannes Coy lassen sich die Beobachtungen von Nobelpreisträger Warburg erklären. 1995 entdeckte er am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg das Enzym Transketolase-like 1 (TKTL1; Coy et al., 1996). Die Funktion dieses Enzyms konnte nun kürzlich entschlüsselt werden. Das TKL1- Enzym ist die Basis eines bisher nicht verstandenen vergärenden Glukosestoffwechsels (aerobe Glykolyse), mit dem verständlich wird, warum bei diesem Stoffwechselweg auch verfügbarer Sauerstoff nicht für die Verbrennung von Glukose verwendet wird und statt dessen Glukose zu Laktat vergoren wird (Coy et al., 2005; Langbein et al., 2006). Dieser neue Stoffwechsel stellt einen enormen Vorteil für die Krebszellen dar. Infolge der Vergärung von Glukose und der damit verbundenen Energiegewinnung sichern sich die Krebszellen einen selektiven Vorteil, in dessen Folge sie sich unkontrolliert vermehren können, in andere Gewebe eindringen und metastasieren. Gleichzeitig werden die Zellen gegenüber vielen Chemo- und Strahlentherapien resistent (Tabelle 7).

Tabelle 7: Selektive Vorteile vergärender Tumorzellen

  • Die bei der Vergärung von Glukose gebildeten Säuren Laktat (Milchsäure) und Kohlensäure führen zu einer Zerstörung des umgebenden Gewebes (Matrixdegradation). Dies ermöglicht den Tumorzellen in gesunde Gewebe einzudringen und zu metastasieren (Gatenby und Gawlinski, 2003).
  • Das Abschalten der Mitochondrien in Tumorzellen führt zu Resistenzen gegenüber vielen Chemotherapeutika (Xu et al., 2005).
  • Die Abhängigkeit dieser Tumorzellen von Sauerstoff nimmt dramatisch ab. Die Tumorzellen überstehen auch eine Sauerstoffunterversorgung (Hypoxie) im Gewebe.
  • Tumorzellen in hypoxischen Regionen werden resistenter gegenüber einer Strahlentherapie.

Neben den Vorteilen führt dieser Stoffwechselweg auch zu Schwachstellen für die Tumorzelle (Tabelle 8).

Krebszellen, die Glukose vergären, sind auf Glukose als alleinigen Treibstoff angewiesen. Weder Fruktose, noch Proteine oder Fette können als Energielieferanten herangezogen werden, da in vielen TKTL1-positiven Zellen die Fettverbrennung (ß-Oxidation) abgeschaltet ist (Buzzai et al., 2005). Aufgrund dieser enormen Einschränkung sind die Tumorzellen empfindlich für einen Zelltod, der allein durch den Entzug von Glukose ausgelöst werden kann.

Tabelle 8: Nachteile vergärender Tumorzellen

  • Diese Tumorzellen sind abhängig von der Glukoseversorgung, da nur Glukose als Energiequelle herangezogen werden kann und damit die Lebensgrundlage dieser Zellen darstellt. Fruktose ist beispielsweise nur schwerlich für die Energiegewinnung nutzbar.
  • Gleichzeitig wird in solchen Tumorzellen die Fettverbrennung abgeschaltet (Hemmung der ß-Oxidation). Diese Zellen können Öle/Fette nicht länger als Energiequelle nutzen.
  • Im Vergleich zu einer Glukose-verbrennenden Zelle muss eine Glukose-vergärende Zelle etwa 20-30 mal mehr Glukose aufnehmen, da die Effizienz der Energieausbeute wesentlich geringer ist.

Die Entdeckung von Coy erfordern, dass man Krebs nach Art der Energiegewinnung künftig in zwei verschiedene Klassen unterteilen muß:

  • Krebszellen, die Glukose verbrennen (TKTL1- negativ)
  • Krebszellen, die Glukose vergären (TKTL1- positiv)

Durch den Nachweis des TKTL1-Enzyms in Tumorzellen können Krebspatienten identifiziert werden, bei denen eine Hemmung des Glukosestoffwechsels sinnvoll ist. In Zusammenarbeit mit der Urologin Sigrun Langbein sowie Medizinern aus Palermo und Freiburg fanden Dr. Coy und sein Team heraus, dass die Prognose für Tumorpatienten, bei denen TKTL1-positive Zellen nachgewiesen wurden, sehr viel schlechter ist. Diese Ergebnisse wurden jüngst in der Ausgabe 94 (4): 578 – 585 des British Journal of Cancer 2006 veröffentlicht.

Im Rahmen eines neuartigen pharmakodiagnostischen Therapiekonzeptes soll dieser Stoffwechsel zukünftig in Tumoren detektiert und anschließend gezielt durch die Blockierung des Enzyms mit einem in der Entwicklung befindlichen Medikament gehemmt werden. Damit würde man der Zelle die Fähigkeit nehmen, Energie zu gewinnen. Leider werden bis zur möglichen Zulassung noch einige Jahre verstreichen.

Die TKTL1-Ernährungstherapie bietet schon jetzt eine Chance, in den Energiestoffwechsel vergärender Zellen einzugreifen

Sind TKTL1-positive Zellen im Tumor nachgewiesen, kann man über die TKTL1- Ernährungstherapie herkömmliche Therapien wie Chemo- und Strahlentherapie sinnvoll unterstützen.

Bei der TKTL1-Ernährungstherapie handelt es sich erstmalig um einen Ansatz, durch eine gezielte Ernährung das Wachstum von Tumorzellen zu beeinflussen. (Achtung: Nur wenn TKTL1-Enzymaktivität nachgewiesen wurde, sollte die Ernährungstherapie durchgeführt werden. Diese sollte in diesem Fall über einen Zeitraum von 3 Monaten konsequent verfolgt werden.)

Krebszellen die Glukose vergären (TKTL1-positiv) haben eine Schwachstelle, auf die die Ernährungstherapie ausgerichtet ist. Sie sind abhängig von der Glukoseversorgung, weil in der Zelle die Fettverbrennung (ß-Oxidation) abgeschaltet ist. Fette und Öle können dann nicht mehr als Energiequelle genutzt werden.

Die TKTL1-Ernährungstherapie verfolgt das Ziel, die Tumorzellen von der Energieversorgung abzukoppeln (Substratlimitierung). Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die kontinuierliche und ausreichende Versorgung des Organismus sowohl mit Energie als auch mit Vitaminen und Spurenelementen gewährleistet ist, wenn über einen längeren Zeitraum eine Substratlimitierung durch eine Einschränkung des Verzehrs von Kohlenhydraten und Zuckern vorgenommen wird.

Erlaubte kohlenhydrat- beziehungsweise zuckerfreie Nahrungsmittel im Rahmen der Ernährungstherapie (Tabelle 9).

Tabelle 9: Erlaubte Lebensmittel im Rahmen der TKTL1-Ernährungstherapie Kohlenhydrat- und zuckerfreie Lebensmittel

  • Mineralwasser, Leitungswasser
  • Stengel- und Blattgemüse (z.B. grüner Salat, Brokkoli, Spinat, Gurken)
  • Speiseöle, -fette
  • laktosefreie Milch
  • Joghurt pur
  • Hartkäse, Weichkäse (Doppelrahmstufe)
  • Fleisch und Fisch (unzubereitet)
  • Eier
  • einige Wurstsorten
  • Kaffee, Kräuter- und Schwarztee

Das Grundprinzip der TKTL1-Ernährungstherapie besteht darin, eine Abgabe von Blutzucker an Gewebezellen durch die Verwendung ausgewählter Nahrungsmittel zu verhindern.

Die Blutzuckerregulation, also der Glukosegehalt im Blut, wird im menschlichen Organismus unter physiologischen Bedingungen gut gewährleistet. Der Verzehr von zuckerhaltigen Speisen führt kurzfristig zu einem Anstieg der Glukosekonzentration im Blut. Der Organismus schüttet daraufhin Insulin aus, das die Aufnahme von Glukose aus dem Blut in die Zellen ermöglicht. Die Glukosekonzentration im Blut normalisiert sich.

Sinkt dagegen der Zuckerspiegel im Blut unter einen bestimmten Wert, wird aus den Glykogenspeichern Glukose freigesetzt und ins Blut abgegeben.

Bei einer glukose- und kohlenhydratarmen Ernährung werden zunächst die Glykogenspeicher vollständig geleert. Der menschliche Organismus stellt seine Energieversorgung auf die Verwertung von Ketonkörpern um. In dieser Stoffwechsellage wird kaum noch Insulin ausgeschüttet, so dass die Blutglukose nicht mehr an die Zellen abgegeben werden kann. Die Blutglukosekonzentration bleibt deshalb weiterhin konstant.

Gewebezellen bleibt unter diesen Bedingungen nur die Möglichkeit, Ketonkörper als Energiequelle zu nutzen. Diese können im Körper unter anderem aus Eiweißen und Fett gebildet werden. TKTL1-positive Tumorzellen können Ketonkörper nicht nutzen, weil bei Ihnen die ß-Oxidation abgeschaltet ist. In diesem Versorgungszustand wird die Energiezufuhr der Tumorzelle unterbrochen. Ohne Energiezufuhr oder -gewinnung kann sich die Krebszelle nicht vermehren. Aufgrund der Unempfindlichkeit gegenüber vielen Chemotherapeutika ist es von großer Wichtigkeit, vor der Durchführung einer Chemotherapie auf den TKTL1-Stoffwechsel zu prüfen. Im Falle TKTL1- positiver Zellen sollte parallel zu einer Chemotherapie immer auch eine TKTL1-Ernährungstherapie durchgeführt werden, um einen optimalen Behandlungserfolg zu gewährleisten.

Eine Chemotherapie greift zwar Glukose-verbrennende Tumorzellen an, wirkt aber häufig nicht gegen Glukose-vergärende Zellen (Xu et al., 2005). In diesem Fall verschafft eine Chemotherapie den TKTL1-positiven Zellen einen Selektionsvorteil. Das Umschalten auf die Glukosevergärung verleiht den Tumorzellen eine Resistenz gegenüber vielen Chemotherapien. Da dieses Umschalten nur funktioniert, wenn ausreichend Glukose vorhanden ist, kann durch eine Limitierung der Glukosezufuhr die Resistenzbildung vermindert werden. Werden die Tumorzellen mit ausreichend Glukose gefüttert, können diese im Gegensatz zu Tumorzellen, die durch die Chemotherapie vernichtet werden, schneller wachsen und sich folglich schneller ausbreiten. Hierdurch bedingt, nimmt die Zahl der TKTL1-positiven Zellen stetig zu, die Ansprechraten von Chemotherapeutika verschlechtern sich und die tumorfreie Zeit verkürzt sich. Der Tumor wird invasiv, dringt in andere Gewebe ein und bildet Metastasen.

Durchbrechung des Teufelskreislaufes durch eine gezielte Kombination aus Chemotherapie- und Ernährungstherapie

Stets vor dem Hintergrund, dass TKTL1-positive Tumorzellen nachweisbar sind, existieren im Tumor zwei Typen von Tumorzellen. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Art der Energiegewinnung. Während die verbrennenden Zellen ihren Energiebedarf über die Atmungskette der Mitochondrien abdecken, sind vergärende Zellen vollkommen unabhängig von TKTL1 Glukosevergärungsstoffwechsel. Therapiestrategien gegen die Mitochondrien oder die Enzyme der Atmungskette bleiben daher ohne Erfolg. Die Hoffnung liegt in der deutlichen Verbesserung der Chemotherapie durch eine begleitende Ernährungstherapie.

1999 konnte in einer Studie aufgezeigt werden, dass sich die Vermehrung von Tumorzellen durch Transketolase-Hemmstoffe unterdrücken lässt. Komplementär hierzu führt die Aktivierung der Transketolase zu einer deutlichen Stimulierung des Tumorwachstums (Rais et al., 1999; Comin-AndiuX et al., 2001). Zu den Transketolaseinhibitoren zählt unter anderem das Oxythiamin. Oxythiamin ist ein Inhibitor des Enzyms Transketolase, das von der biologisch aktiven Form des Thiamins (Vitamin B1) abgeleitet ist. Es konnte bereits gezeigt werden, dass Thiamingaben das Tumorwachstum beschleunigen können. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass bei Vorhandensein von TKTL1- positiven Zellen bei der Einnahme von Thiamin Vorsicht geboten ist. Derzeit werden Hemmstoffe des TKTL1-Enzyms zu neuen Antikrebsmedikamenten entwickelt, mit denen es in der Zukunft möglich sein soll, die TKTL1-Transketolase und die damit einhergehende Glukosevergärung gezielt zu hemmen, um die Energieproduktion in den Tumoren zum Stillstand zu bringen.

Fazit

Ebenso wie die Entstehung von Krebserkrankungen immer eine Kette von Reaktionen darstellt, bestehen auch die Krebsdiagnostik und -therapie aus verschiedenen Bausteinen, die es zu berücksichtigen gilt. In Abhängigkeit der Tumorart und der sich daraus ergebenden Lebensgrundlage von Tumorzellen kann der Ernährungstherapie bei einer besonderen Gruppe von Krebspatienten eine neue Bedeutung zukommen. Die allgemeinen Ernährungsempfehlungen bei Krebspatienten setzen sich somit in Abhängigkeit von der Tumorart, der Schwere der Erkrankung, der auftretenden Nebenwirkungen der Therapie, der Behandlungsform selbst sowie der individuellen Verfassung des Patienten zusammen. Nur bei Berücksichtigung der tumorabhängigen Folgeerscheinungen sind eine kontinuierliche Verbesserung des Ernährungsstatus beziehungsweise eine ausreichende Versorgung mit Energie, Nährstoffen und Wirkstoffen sowie optimale Heilungschancen gewährleistet.