Die Speicheldrüsen
Für die Speichelproduktion sind die großen Speicheldrüsen zuständig: die Ohrspeicheldrüse, die Unterkieferspeicheldrüse und die Unterzungenspeicheldrüse. Zusätzlich besitzt der Mensch zwischen 600 und 1000 kleine Speicheldrüsen, die über die Schleimhaut des Mund- und Rachenraums verteilt sind und dort den Speichel absondern. Täglichen werden in den Speicheldrüsen bis zu einem Liter Speichel produziert.
Anatomie und Funktion der Speicheldrüsen
Die großen Speicheldrüsen lassen sich anatomisch wegen ihrer Lage in 3 paarige Speicheldrüsen unterteilen. Zum einen sind dies die beiden Ohrspeicheldrüsen (Glandula parotis), die beiden Unterkieferspeicheldrüsen (Glandula submandibularis) und die beiden Unterzungenspeicheldrüsen (Glandula sublingualis). Alle drei Speicheldrüsen sind sowohl in der linken, als auch der rechten Gesichtshälfte zu finden und werden deshalb als paarig bezeichnet.
Die Ohrspeicheldrüse
Die Ohrspeicheldrüse, lat. Glandula parotis, ist nicht nur die größte Speicheldrüse, sondern auch die wichtigste. Sie ist eine seröse Drüse, das heißt sie produziert ein flüssiges, fermentreiches Sekret. Zu finden ist die Ohrspeicheldrüse, wie ihr Name schon sagt, in der Nähe des Ohres. Sie liegt fest am Musculus masseter, einem der vier Kaumuskeln, an und reicht von hier aus seitlich bis zum Ohr. Oben zieht sie vom Jochbogen nach unten bis in den Kieferwinkel hinein. In ihrer Form gleicht sie in etwa einem Dreieck, und bringt bis zu 30 Gramm auf die Waage.
Umgeben ist die Ohrspeicheldrüse von einer Bindegewebskapsel (auch Faszie parotidea oder Parotisloge genannt), die eine reine Pseudokapsel ist, da sie eigentlich keine Trennschicht um die Speicheldrüse bildet. Das Bindegewebe zieht sich vielmehr ins Innere der Ohrspeicheldrüse hinein und unterteilt diese in kleine Läppchen. In diesen Läppchen liegen die Drüsenzellen, die einen Primärspeichel produzieren. Dieser Primärspeichel ändert sich noch in einer Zusammensetzung, bis er tatsächlich in die Mund- und Rachenhöhle abgegeben wird.
Im oberen Drittel der Ohrspeicheldrüse ist der Ausführungsgang (auch Ductus parotideus oder Stenon-Gang) zu finden. Er läuft entlang des Musculus masseter der Kaumuskulatur und durchdringt sowohl den Backenmuskel (Musculus buccinator) und die Backenschleimhaut. Der Stenon-Gang ist 6 Zentimeter lang und ist in der Mundhöhle an der äußeren Backeninnenwand auf Höhe des ersten und zweiten oberen Backenzahns als kleiner, dunkler Punkt zu erkennen.
Die Unterkieferspeicheldrüse
Die Unterkieferspeicheldrüse, lat. Glandula submandibularis, ist eine gemischte, seromuköse Drüse, die den Hauptteil der gesamten Speichelmenge eines Menschen liefert. Sie ist im Unterkieferwinkel, dem sogenannten Trigonum submandibulare, zwischen dem Unterkieferknochen und dem zur Kaumuskulatur gehörenden Musculus digastricus zu finden.
Der Ausführungsgang der Unterkieferspeicheldrüse (auch als Ductus submandibularis oder Wharton-Gang bekannt) ist etwa 5 Zentimeter lang. Er verbindet sich mit dem Ausführungsgang der Unterzungenspeicheldrüse und endet auf der Hungerwarze (lat. Caruncula sublingualis), einer kleinen Papille, die auf beiden Seiten des Zungenbändchens unter der Zunge zu erkennen ist.
Die Unterzungenspeicheldrüse
Die Unterzungenspeicheldrüse, lat. Glandula sublingualis, ist eine rein mukoseröse Drüse, produziert also nur ein dickflüssiges Sekret. Wir ihr Name schon sagt ist sie unter der Zunge angesiedelt. Die Unterzungenspeicheldrüse kann in zwei Teile unterteilt werden: Die Glandula sublingualis major und die Glandula sublingualis minores. Der vordere Teil (Glandula sublingualis major) ist ein kompaktes Drüsenpaket mit einem einzigen, gemeinsamen Ausführungsgang (Ductus sublingualis major), der zusammen mit dem Ausführungsgang der Unterkieferspeicheldrüse auf der Hungerwarze endet. Der hintere Teil (Glandula sublingualis minores) besteht aus etwa 150 einzelnen Drüsen. Sie besitzen zahlreiche Ausführungsgänge, die seitlich der Zunge entlang im Boden der Mundhöhle enden.
Der Speichel
Die Speicheldrüsen produzieren pro Tag bis zu einem Liter Speichel (Saliva). Das tatsächliche Volumen an produziertem Speichel ist jedoch abhängig von verschiedenen Faktoren wie etwa das Klima, die Flüssigkeitszufuhr, die Ernährung, das Alter und auch das Geschlecht.
Ausgelöst wird die Speichelabsonderung hauptsächlich durch den aktiven Kauvorgang, kann aber auch durch geschmackliche, optische oder physische Reize ausgelöst werden. Eine gewisse Menge Speichel wird dauernd ohne äußere Einflüsse produziert. Man nennt diesen Vorgang Ruhesekretion. Durch die bereits erwähnten äußeren Einflüsse kommt es zu einer sogenannten Reizsekretion, d.h. die Speichelproduktion wird angeregt und die Absonderungsrate des Speichels steigert sich wesentlich.
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Ruhesekret |
Reizsekret
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Herkunft
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überwiegend aus der Unterkieferspeicheldrüse, der Unterzungenspeicheldrüse und den kleinen Speicheldrüsen
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überwiegend aus der Ohrspeicheldrüse
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Konsistenz
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relativ dickflüssig
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dünnflüssig
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Inhalt
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Muzine (strukturgebende Bestandteile des Schleims), wenig Enzyme
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Enzyme, weniger Muzine
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pH-Wert
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5,5 - 6
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7,6 - 7,8
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Aufstellung nach Probst, Grevers und Iro
Zusammensetzung des Speichels
Der Speichel besteht zu 99,5% aus Wasser, die restlichen 0,5% sind organische und zelluläre Bestandteile. Im Sekret der Ohrspeicheldrüse sind neben dem Wasser hauptsächlich Elektrolyte und Spurenelemente wie Chlorid, Phosphat, Bikarbonat, Magnesium, Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Blei, Fluorid, Bromid, Jod, Rhodanit und Nitrat zu finden.
Im Speichel sind außerdem Immunglobuline zu finden, die bei entzündlichen Prozessen zunehmen, als auch zur Abwehr beitragende Proteine, Amylase, Albumin, Lysozym, Kallikrein und Proteaseninhibitoren. Der wichtigste, im Speichel vorkommende Stoff ist jedoch die α-Amylase, ein Enzym zur Nahrungspaltung, das als wichtigstes Verdauungsenzym bereits im Speichel zu finden ist.
Aufzählung der wichtigsten Speichelinhaltsstoffe (nach Hochstrasser und Eigner):
Bezeichnung
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Funktion
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α-1,4-Glykanohydrolase (Amylase)
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Abbau von Stärke
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Makroamylase
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unbekannt
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Kininogenase (Kallikrein)
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Freisetzung von vasoaktivem Kallidin aus Kininogen
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β-N-Acetyl-D-glucosaminidase (Lysozym)
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Abbau von Bakterienzellwänden
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Prolinreiche Proteine
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antibakteriell, Ca2+-stabilisierend
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Statherin (tyrosinreiches Protein)
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antibakteriell
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α2-Mikroglobulin
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streptokokkenagglutinierend
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Fibronektin
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streptokokkenagglutinierend
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Funktion des Speichels
Die Funktionen des Speichels sind recht vielfältig. Zum einen hat der Speichel eine protektive Funktion, d.h. er wirkt schützend auf die Mundschleimhaut und die Schleimhaut des oberen Respirationstrakts gegen mechanische Reibung durch Nahrung und fördert die Immunabwehr durch Immunglobuline. Bis zu einem gewissen Grad hat der Speichel auch eine bakterizide Wirkung. Desweiteren hat der Speichel natürlich auch eine Funktion bei der Verdauung. Er schleimt Nahrungsmittel ein (macht sie zähflüssig für den Schluckakt) und leitet bereits den Beginn der Spaltung von Stärke durch Amylase ein.
Darüber hinaus spielt der Speichel auch eine Rolle bei der Exkretion von körpereigenen und körperfremden Stoffen. Über ihn können sie aus dem Kreislauf ausgeschieden werden. Hierzu zählen unter anderem gute Ionen wie Iod und Fluor, aber auch schädliche Viren, die Auslöser von Krankheiten wie Epstein-Barr, Polio, Hepatitis B und Zytomegalie sein können.
Vergessen sollte man auch nicht die wichtige Rolle, die der Speichel beim Schutz der Zähne spielt. Durch saure Lebensmittel und Flüssigkeiten wird der Zahnschmelz angegriffen und demineralisiert. Da der Speichel einen leicht alkalischen pH-Wert besitzt, kann die Säure ausgeglichen werden. Ferner helfen die im Speichel vorhandenen Stoffe Kalziumphosphat und Fluorid bei einer Reminalisierung bereits angegriffener Zähne indem sie sich im Zahnschmelz ansiedeln.
Verwendete Quellen: Berghaus, Alexander, Gerhard Böhme und Gerhard Rettinger. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Stuttgart: George Thieme Verlag KG, 1996.
Grevers, Gerhard, Heinrich Ito und Rudolf Probst. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG, 2008 [3].
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