Schlittenprothese: Informationen & Schlittenprothese-Spezialisten

Mediziner unterscheiden zwischen einer einseitigen (unikondylären) und einer bikondylären Schlittenprothese des Kniegelenks. Bei der einseitigen Schlittenprothese handelt es sich um einen Teilersatz des Kniegelenks, während unter der bikondylären Schlittenprothese ein vollständiger Oberflächenersatz des Kniegelenks verstanden wird. Die einseitige Schlittenprothese hat gegenüber der bikondylären Schlittenprothese einige Vorteile. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Schlittenprothese-Spezialisten und Zentren.

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Schlittenprothese - Weitere Informationen

Geschichtlicher Hintergrund der Schlittenprothese des Kniegelenks

Die ersten Versuche der Kniegelenksendoprothetik gehen auf den Berliner Chirurgen Gluck im Jahr 1890 zurück. Das damalige Implantat war ein aus Elfenbein gefertigtes Scharniergelenk. die Verankerung erfolgte mittels vernickelter Schrauben und einem Gips-Kolophoniumkitt. Bei den insgesamt 14 Patienten kam es zu septischen Verläufen (Entzündungen und Vergiftungen).

Die einseitige Schlittenprothese wurde zur Behandlung der monokompartimentären medialen oder lateralen Kniearthrose geschaffen. 1952 entwickelten McKeever und Alliot eine unikondyläre Tibiaplateauprothese aus Metall mit einer tibialen Verankerungsnut.

1954 schuf McIntosh aus Toronto ein Implantat aus Vitallium, das in verschiedenen Stärken zur Verfügung stand. Auch hier erfolgte lediglich ein Ersatz des tibialen Defektes. Problematisch war vor allem die Luxationstendenz des Implantats.

Gunston stellte 1968 eine Zweikomponenten-Schlittenprothese (Metall–Kunststoff), das Polycentric Knee, vor. Bei dieser nach dem Low-friction-Prinzip arbeitenden Schlittenprothese wurde im Bereich der Femurkondyle eine halbkreisförmige Metallscheibe implantiert. Sie bewegte sich in einem entsprechend gemuldeten tibialen Polyäthylenblock. Die Verankerung erfolgte mittels Knochenzement. Die Resultate waren jedoch unbefriedigend.

Das Prinzip der Schienenführung wurde durch die Weiterentwicklung von Englbrecht 1969 verlassen. Er entwickelte einen Metallschlitten, der im Bereich des Femurcondylus implantiert wurde. Der Schlitten wies einen punktuellen Kontakt auf einem tibialen Polyäthylenblock auf.

Hierbei handelte es sich um ein Modell mit drei Freiheitsgraden ohne Zwangsführung und mit minimalem Formschluss der Kontaktflächen. Da die tibiale Komponente nur in einer Größe und Stärke zur Verfügung stand, musste tibial oft eine ausgedehnte Knochenresektion erfolgen. Das führte in der Folge zu einer Häufung von Stressfrakturen.

Diese Schwäche des ersten Modells der St. Georgs-Prothese wurde durch eine Weiterentwicklung von Marmor im Jahre 1972 zum Teil ausgeglichen. Er entwickelte ein modulares System mit echtem polyzentrischem Design und unterschiedlichen tibialen Implantaten. Hier ergaben sich materialbedingt vor allem Probleme bei den dünneren tibialen Implantaten.

In den folgenden Jahren erfolgte eine konstante Weiterentwicklung der St.-Georg- und der Marmor-Prothese.


Knieschmerzen
Knieschmerzen, etwa durch Arthrose verursacht, betrifft viele Menschen höheren Lebensalters. Oft ist eine Knieendoprothse notwendig © Prostock-studio | AdobeStock

Aktuelle Konzepte: Modelle der Schlittenprothese

Zurzeit existiert eine Vielzahl unterschiedlicher, unikondylärer Prothesenmodelle auf dem Endoprothetikmarkt. Dabei entspricht die femorale Gleitfläche mit einer Ausnahme, dem Oxfordknie, einer idealisierten Kondylenform.

Unterschiede zeigen sich zum Teil bei

  • den Verankerungselementen am Femurteil und Tibiaplateau,
  • der Form der Tibiagleitfläche (eben, gekrümmt oder mobil),
  • der Implantationstechnik des Tibiateils (Inlay- oder Onlaytechnik, respektive „metal-backed“) sowie
  • den operativen Zugängen (konventionell, minimal-invasiv).

Der unikompartimentale Kniegelenksersatz hat gegenüber dem bikondylären Ersatz den Vorteil, dass

  • sich die Mechanik zum ursprünglichen Kniegelenk nur unwesentlich verändert,
  • sich die Patienten schneller erholen,
  • die postoperativen Scores besser sind und
  • die Patienten eine eher normale Aktivität zeigen.

Der Nachteil besteht in einer anspruchsvolleren Operationstechnik, die eventuell mit einer höheren Revisionsrate assoziiert ist.

Die unikondyläre Schlittenprothese gilt als eine zuverlässige Therapieoption bei medialer oder lateraler Kniearthrose.

Aufgrund kontinuierlicher Verbesserungen von Material und Operationstechnik bleiben Prothesen immer länger im Körper erhalten. Daher wird die Indikation zur Implantation einer unikondylären Schlittenprothese zunehmend auch bei jungen Patienten diskutiert.

Neben den technischen Verbesserungen wirkt sich die Routine des Operateurs entscheidend auf das Ergebnis aus. Hier zeigt sich eine flache Lernkurve. Das ist unter anderem durch die geringe Übersicht bei der meist minimal-invasiv durchgeführten Implantation bedingt.

Die meisten der heute verwendeten Schlittenprothesen weisen folgende Eigenschaften auf:

  • idealisierte Kondylenform der femoralen Komponente mit teilweise deutlich unterschiedlicher Verankerung
  • und eine tibiale Komponente mit Kunststoff-Gleitlager, entweder als Vollpolyäthylen oder mit metallener Unterfütterung als sogenanntes Metal-back-Implantat.

Die Verankerung erfolgt femoral in der Regel über einen oder mehrere Zapfen. Implantatabhängig erfolgt eine zementierte oder zementfreie Implantation. Auch tibial gibt es zementierte und zementfreie Varianten.

Die metal-back-Implantate benötigen ebenfalls regelhaft eine Verankerungsfinne. Reine Polyäthylenkomponenten werden dagegen in der sogenannten Onlay-Technik einzementiert.

Bezüglich des verwendeten Materials waren die größten Entwicklungsfortschritte im Bereich

  • Herstellung,
  • Verarbeitung und
  • Sterilisation

des Polyäthylens zu verzeichnen.

Wann kommt die Implantation einer unikondylären Schlittenprothese infrage?

Eine Indikation für eine unikondyläre Schlittenprothese ist bei

  • einer unikompartimentalen, posttraumatischen oder degenerativen Arthrose sowie
  • Osteonekrose (Morbus Ahlbäck)

gegeben. Der Bandapparat muss dabei intakt sein.

Kontraindikationen für die Implantation einer unikondylären Schlittenprothese sind:

  • Ausgeprägte Adipositas (BMI > 35)
  • Akute oder chronische Infektion, lokal oder systemisch (bzw. das Vorliegen einer entsprechenden Anamnese)
  • Insuffizienz des vorderen oder hinteren Kreuzbandes
  • Eine vorhergehende Umstellungsosteotomie
  • Ein Streckdefizit von mehr als 10°
  • Klinische Varus-/Valgusfehlstellung von mehr als 10°
  • Fortgeschrittener Befall der anderen Kompartimente
  • Rheumatoide Arthritis
  • Symptomatische retropatellare Arthrose

Nachbehandlung nach der Implantation einer Schlittenprothese

Die Patienten dürfen postoperativ nach Entfernung der Drainage bis zur Schmerzgrenze belasten. Sie erhalten Krankengymnastik und eine elektrische Motorschiene (CPM).

Je nach Alter und Allgemeinzustand gehen die Patienten nach 2 bis 4 Wochen ohne Gehstützen.

Zusammenfassung: Schlittenprothese des Kniegelenks

Die Vorteile der minimal-invasiven Implantation eines unikondylären Kniegelenksersatzes liegen darin, dass es zu keiner Störung des Extensormechanismus kommt. Die postoperativen Schmerzen sind geringer, ebenso die Ausbildung von Adhäsionen und die Infektionsrate. Bei verbesserter Kosmetik ist auch das Bewegungsausmaß besser als beim konventionellen Vorgehen.

Die Nachteile liegen in der möglichen Fehlausrichtung der Komponenten und in der anspruchsvollen Operationstechnik. Diese Nachteile können durch die Anwendung eines Navigationssystems und der Robotic, welches uns seit geraumer Zeit zur Verfügung steht, ausgeglichen werden.

Kontraindikationen für die Implantation eines Uniknies sind

  • die Arthrose des kontrolateralen Kompartimentes,
  • die rheumatoide Arthritis,
  • eine Varus-Valgusdeformität von mehr 10°,
  • ein Streckdefizit von mehr als 10° und
  • die Kreuzbandinsuffizienz, insbesondere für die mobilen PE’s (erhöhte Luxationsgefahr).
Kniearthrose
Arthrose kann unter bestimmten Voraussetzungen gegen den Einsatz eines Uniknies sprechen © henrie | AdobeStock

Weitere Vorteile des unikompartimentalen Kniegelenksersatzes sind verglichen mit dem bikondylären Ersatz

  • der Erhalt beider Kreuzbänder, 
  • der Erhalt der ursprünglichen Biomechanik und
  • der Erhalt des Knochens im nicht betroffenen Kompartiment und im Femoropatellargelenk.

Patienten mit unikompartimentalem Kniegelenksersatz haben eine geringere perioperative Morbidität und eine verbesserte Beweglichkeit verglichen mit Patienten, die sich einer bikondylären Prothesenimplantation unterzogen haben.

Aufgrund unserer mittelfristigen Ergebnisse kann festgestellt werden, dass sich bei Benutzung des Ligamentspanners stabile Kniegelenke in Flexion und Extension mit einer korrekten Ausrichtung ergeben. Die Gelenkebene wird wiederhergestellt, die Operationstechnik ist zuverlässig.

Aufgrund der anatomischen Gestaltung der Prothese und der minimal-invasiven Implantation ist die postoperative Morbidität geringer. Ob sich dieses Operationsverfahren auch für jüngere und aktive Patienten eignet, muss die Zukunft zeigen.

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