Brustkrebs-Behandlung


Die medizinische Brustkrebs-Behandlung verläuft in jedem einzelnen Fall etwas unterschiedlich. Denn „den“ Brustkrebs gibt es nicht, jede Erkrankung ist anders. Und je besser man den Krebs kennt, desto zielgerichteter lässt er sich bekämpfen. Zu den Fragen, die es vorab zu beantworten gilt, gehören: Wie groß ist der Tumor? Wo liegt er exakt? Wie sind seine Zellen im Inneren und an der Oberfläche beschaffen? Wie ist sein Wachstum einzuschätzen? Die Antworten sind wichtig für die weitere Brustkrebs-Behandlung, also wie der Tumor am besten operiert werden sollte, ob sich dabei die Brust erhalten lässt, welche Medikamente helfen und wie die Chancen auf Heilung aussehen.

Welche Therapiemethoden zur Behandlung von Brustkrebs gibt es?

Aufgrund der vielfältigen Erscheinungsformen des Mammakarzinoms kann die optimale Brustkrebs-Behandlung bei jeder Patientin sehr unterschiedlich aussehen. Den ersten Behandlungsschritt stellt in der Regel die Brustkrebs-OP zur Entfernung des Tumors da. Daran anschließend können verschiedene Therapien durchgeführt werden, darunter

Ziel dieser adjuvanten Therapie ist es die Prognose zu verbessern und ein Wiederauftreten des Brustkrebses zu verhindern. Welche Therapieformen letztlich zum Einsatz kommen und wie der Behandlungsplan genau aussieht, hängt dabei von der Prognose und dem Rückfallrisiko ab.

Brustkrebs-Behandlung mittels Chemotherapie
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Welche Fragen sind vor der Brustkrebs-Behandlung zu klären?

Stellen Sie Ihrem Arzt vor der Brustkrebs-Behandlung alle Fragen, die Ihnen wichtig sind, bevor Sie sich für eine Behandlungsmethode, einen Spezialisten oder eine Klinik entscheiden. Notieren Sie sich alle Fragen, die Ihnen zwischendurch einfallen und nehmen Sie sich diesen „Spickzettel“ zum Arztgespräch mit. Falls eine Biopsie gemacht wurde, sollten Sie wissen, wie das Ergebnis der feingeweblichen Tumoruntersuchung lautet, also

  • in welchem Stadium sich der Tumor befindet (Stading/Grading),
  • ob der Tumor rezeptorpositiv ist und
  • ob der Tumor HER2 neu positiv ist.

Darüber hinaus sollten Sie wissen wie groß der Tumor im Tastbefund und in bildgebenden Verfahren ist und ob der Tumor Metastasen gebildet hat. Seien Sie ruhig neugierig und geben Sie sich nicht mit knappen, pauschalen Antworten zufrieden. Dann können Sie die einzelnen Diagnose- und Therapieschritte besser verstehen und abschätzen, wo ggf. ein gewisser Handlungsspielraum besteht. Lassen Sie sich jeden einzelnen Behandlungsschritt erklären.

Nehmen Sie zu den Arztgesprächen Ihren Partner oder eine vertraute Person mit; in der Aufregung werden Sie sich viele der komplizierten Fachausdrücke nicht merken können oder einiges durcheinander bringen.

Arztsuche

Wovon hängt die Therapieempfehlung bei Brustkrebs ab?

Generell gilt als Anhaltspunkt, dass bei einem Rückfallrisiko von unter 10 Prozent – also in weniger als 10 von 100 vergleichbaren Fällen – innerhalb von 10 Jahren eine adjuvante Brustkrebs-Behandlung nicht empfehlenswert ist: Zu wenige Patientinnen hätten einen Nutzen davon, und zu viele würden unnötig behandelt und dabei doch unter den unerwünschten Wirkungen leiden.

Brustkrebs-Behandlung bei Patientinnen mit niedrigem Risiko

Gehört eine Patientin zur Gruppe mit niedrigem Risiko, das aber doch höher als 10 Prozent in 10 Jahren liegt, empfiehlt der behandelnde Arzt ihr (meist) eine alleinige antihormonelle Therapie – vorausgesetzt, ihr Tumor ist hormonempfindlich oder lässt zumindest ein gewisses Ansprechen auf die antihormonelle Therapie erwarten. Von einer Chemotherapie kann abgesehen werden, da diese keine oder allenfalls eine ganz geringfügige Verbesserung der Heilungschancen mit sich bringen würde, die die Nebenwirkungen der Chemotherapie nicht rechtfertigt.

Brustkrebs-Behandlung bei Patientinnen mit hohem Rückfallrisiko

Recht klar ist auch die Therapieempfehlung für die Patientinnen mit hohem Rückfallrisiko: Sie profitieren von einer Chemotherapie und, in Abhängigkeit von der Hormonempfindlichkeit, auch von einer antihormonellen Behandlung.

Brustkrebs-Behandlung bei Patientinnen mit mittlerem Risiko

Schwieriger ist die Entscheidung bei Patientinnen in der mittleren Risikogruppe bei stark Hormonrezeptor-positivem Tumor. Hier ist es wichtig, das gesamte Risikoprofil im Zusammenhang zu betrachten und mit der Patientin zu besprechen. Möglicherweise kann man auf eine Chemotherapie verzichten,weil sie weniger wirksam ist als bei hormonunempfindlichen Tumoren, und eine alleinige antihormonelle Therapie durchführen. Ist das Ansprechen auf eine antihormonelle Therapie jedoch ungewiss, wird man sowohl eine Chemotherapie als auch eine antihormonelle Therapie empfehlen, bei Hormonunempfindlichkeit nur eine Chemotherapie. Eine antihormonelle Behandlung ist nur bei hormonempfindlichen Tumoren sinnvoll. Eine Chemotherapie zeigt die deutlichste Wirksamkeit bei hormonunempfindlichen Tumoren.

Bedeutung des HER2-Status für die Brustkrebs-Behandlung

Neu ist die Einbeziehung des HER2-Status in die Therapieplanung: Bei starker Ausprägung des HER2neu-Rezeptors erhalten die Patientinnen in der Gruppe mit mittlerem und hohem Risiko zusätzlich den HER2-Antikörper Trastuzumab (Herceptin®), derzeit für ein Jahr. Mehrere große Studien haben gezeigt, dass diese Behandlung das Rückfallrisiko deutlich zusätzlichsenken kann.

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Frage nach dem Nutzen einer Chemotherapie

Die größte Herausforderung ist die Frage, welche Patientin mit hormonempfindlicher Erkrankung und mittlerem Rückfallrisiko ohne Lymphknotenbefall einen Nutzen von einer Chemotherapie haben kann. Denn einerseits ist die Chemotherapie hier weniger wirksam, andererseits verbergen sich in dieser Gruppe Tumoren mit sehr unterschiedlichem biologischem Verhalten. Hier hoffen die Wissenschaftler auf die Unterstützung durch neue prognostische und prädiktive Faktoren, wie z.B. uPA/PAI-1 oder Genprofile, die eine Unterscheidung ermöglichen.

Als wegweisend für die Behandlungsplanung gilt heute die Frage, auf welche Therapie die Erkrankung ansprechen wird. Deshalb erhalten alle Frauen mit hormonempfindlichem Tumor– außer eventuell bei sehr niedrigem Rückfallrisiko – grundsätzlich eine antihormonelle Therapie – sie wirktgezielt gegen die Wachstumsreize durch Östrogen. Das gleiche gilt für HER2-positive Tumoren: Hier blockiert Trastuzumab ebenso gezielt einen wichtigen Wachstumsreiz. Weniger klar ist heute, welche Patientin von welcher Chemotherapie profitieren kann.

Welche Nebenwirkungen können bei der Brustkrebs-Behandlung auftreten?

Die einzelnen Therapiemöglichkeiten können unterschiedliche Nebenwirkungen und Risiken haben. Nach der Operation der Brust können Narben, kosmetische Veränderungen und Schmerzen auftreten. Durch die Entfernung der Achsellymphknoten und durch evtl. notwendige Bestrahlung der Lymphabflusswege besteht das Risiko einer Lymphstauung, die zu einer Verdickung des Arms führen kann (Lymphödem). Hier können entstauende Maßnahmen helfen (Lymphdrainage).

Häufige Nebenwirkungen der Chemotherapie sind Übelkeit und Erbrechen, die sich allerdings mit wirksamen Medikamenten heute gut bekämpfen lassen, und ein vorübergehender Haarausfall. Sowohl durch Chemotherapie als auch durch Hormon- bzw. Antihormontherapie wird bei jüngeren Patientinnen die Funktion der Eierstöcke beeinträchtigt und sie kommen in die Wechseljahre mit den entsprechenden Symptomen. Welche Behandlung hier in Frage kommt, muss individuell entschieden werden.

Haarausfall als Nebenwirkung der Brustkrebs-Behandlung mittels Chemotherapie
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Eine langfristige Behandlung mit Tamoxifen, einem Östrogengegenspieler (Antiöstrogen), kann evtl. das Risiko der Erkrankung an einem bösartigen Tumor der Gebärmutterschleimhaut erhöhen. Eine Strahlenbehandlung ist in der Regel sehr gut verträglich, selten treten Hautreizungen und ein Ödem der Brust auf. Die Veränderungen sind meist nur vorübergehend.

Was kann man tun, wenn es zu einem Krankheitsrückfall kommt?

Falls es zu einem örtlichen Rückfall (Lokalrezidiv) kommt – d.h. in der ursprünglich betroffenen Brust wächst der Tumor erneut –, erfolgt nach Möglichkeit eine nochmalige Operation, evtl. mit Nachbestrahlung. Bei Auftreten von Fernmetastasen in den Knochen oder in inneren Organen ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich, die den gesamten Organismus erfasst. In Frage kommen hier Hormontherapie und Chemotherapie. Wegen der besseren Verträglichkeit wird insbesondere bei hormonempfindlichen Tumoren zunächst eine Hormontherapie bevorzugt. Wenn der Tumor früher oder später nicht mehr darauf anspricht, weil er „hormonresistent“ geworden ist, kommt eine Chemotherapie zum Einsatz. Diese Behandlung wählt man generell bei nicht hormonempfindlichem Brustkrebs oder bei sehr raschem Fortschreiten der Metastasierung.

Knochenmetastasen können bestrahlt werden. Bei knochenauflösenden Metastasen kann man auch Substanzen einsetzen, die diesen Auflösungsprozess unterdrücken (Bisphosphonate). Beide Maßnahmen sind auch gut gegen die metastasenbedingten Schmerzen wirksam. Neue Möglichkeiten ergeben sich durch Unterdrückung von Wachstumssignalen an die Tumorzellen. In etwa 25 bis 30 Prozent der Fälle ist in den Tumoren ein bestimmtes Zelloberflächeneiweiß vermehrt vorhanden, das solche Signale weiterleitet. Dieses Eiweiß kann durch einen bereits als Medikament verfügbaren Antikörper (Trastuzumab, Hercepton®) blockiert werden und dadurch das Tumorwachstum bremsen.

Eine dauerhafte Heilung ist bei Metastasierung derzeit nicht möglich, aber die Krankheit lässt sich durch eine abgestufte Therapie meist über längere Zeit in Schach halten. Es ist das Ziel, bei bestmöglicher Behandlung des Tumors und seiner Symptome die Lebensqualität zu erhalten. Dazu gehört bei Bedarf auch eine Schmerzlinderung mit wirksamen Medikamenten.

Fazit: Ziele bei der Behandlung von Brustkrebs

  • Abstimmung der gesamten Behandlungskette räumlich und zeitlich auf die Bedürfnisse der Patientin
  • interdisziplinäre und individuelle Beratung gemeinsam mit der Patientin und Festlegung der weiteren Therapieschritte vor einer Operation
  • qualitätsgestützte und leitlinienorientierte Versorgung von Frauen durch ein interdisziplinär arbeitendes Expertenteam
  • einheitliche Dokumentation und fachübergreifende Kommunikation
  • kontinuierliche Weiterbildung und Fortbildung der ärztlichen und nicht ärztlichen Mitarbeiter sowie der niedergelassenen Ärzte
  • Vermeidung von unnötigen Krankenhausaufenthalten und Operationen

Autoren:
Prof. Dr. med. Prof. h.c. Christof Sohn
Dr. med. Florian Schütz