Unerfüllter Kinderwunsch


Ein unerfüllter Kinderwunsch besteht bei 9 Prozent der Paare. Die medizinischen Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch liegen bei ca. einem Drittel bei der Frau, zu einem Drittel beim Mann und sind im restlichen Drittel durch kombinierte Faktoren von Mann und Frau bedingt. Für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch hat die Reproduktionsmedizin einige unterstützende Verfahren zur Verfügung.

Unerfüllter Kinderwunsch: Fakten und Zahlen

9 Prozent der Paare haben einen unerfüllten Kinderwunsch. Die Hälfte davon sucht medizinische Hilfe. Das Hilfesuchen hängt vom Glauben der Frau an positive Behandlungserfolge ab und von der finanziellen Machbarkeit.

Eine generelle Zunahme der Unfruchtbarkeit ist in der deutschen Bevölkerung nicht zu belegen. Aber das Alter der Frauen bei der Geburt des ersten Kindes steigt beständig an; mit zunehmendem Alter geht die Fruchtbarkeit zurück. Pro Jahr holen sich 15 Prozent der Paare medizinischen Rat wegen Sterilität ein. Jedes sechste Paar sucht zumindest einmal einen Arzt wegen des unerfüllten Kinderwunsches auf (WHO 1997).

Bei ungewollter Kinderlosigkeit von mehr als einem Jahr spricht man von herabgesetzter Fruchtbarkeit, Subfertilität oder Sterilität. Die Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch liegen bei ca. einem Drittel bei der Frau, zu einem Drittel beim Mann und sind im restlichen Drittel durch kombinierte Faktoren von Mann und Frau bedingt.

Unerfüllter Kinderwunsch: Unabhängige, nicht interessendominierte Informationen

  • Aufklärung über unerfüllten Kinderwunsch gibt es kaum. 54 Prozent der deutschen Erwachsenen glauben, die Fruchtbarkeit der Frau sinke erst ab dem 40. Geburtstag. Nach wie vor haben aber Frauen zwischen 20 und 30 Jahren die besten Chancen, schwanger zu werden.
  • In diesem Glauben gehen „nur“ 52 Prozent der Paare mit Kinderwunsch zum Arzt. Die meisten hoffen, dass es noch auf natürlichem Weg zur Schwangerschaft kommt.
  • Paare bekommen zur Zeit mit 30 Jahren ihr erstes Kind, ab 35 Jahren sinkt die Chance auf Schwangerschaft generell erheblich.
  • Paare in Deutschland, die sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden, sind über 34 Jahre (Frau) bzw. über 37 Jahre (Mann).
  • 82 Prozent der Frauen suchen erst nach 1½ Jahren ohne Schwangerschaft einen Arzt auf, in 91 Prozent der Fälle ihren Frauenarzt.
  • Staatliche Investitionen in Kinderwunsch-Behandlungen sind hochgradig effektiv.

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Erfahrungen von Paaren mit ungewollter Kinderlosigkeit

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch stellen keine Einzelfälle dar. „Betroffene“ glauben anfangs, dass nur sie dieses Schicksal haben. Gespräche über den unerfüllten Kinderwunsch finden allerhöchstens mit dem Partner und seltener im engsten Familienkreise statt. Fasst man den Mut, im Freundeskreis über diese Probleme zu sprechen, stellt man sehr schnell fest, dass man kein Einzelfall ist.

Erfahrungsaustausch in Selbsthilfegruppen

In Selbsthilfegruppen und in Internetforen kann über die vielfältigen Probleme gesprochen werden: Wer will, kann Erfahrungen weitergegeben und Ratschläge austauschen. Es ist wissenschaftlich nicht bewiesen, ob man dadurch einen Nutzen hat. Auch ein Schaden ist denkbar. Jeder muss für sich entscheiden, wie er sich dazu stellt. Adressen von Selbsthilfegruppen werden gerne mitgeteilt. Die großen Suchmaschinen listen Gruppen nach der geografischen Nähe.

Was hat sich nach Ansicht der Paare in den letzten Jahren bewährt, verbessert? Heute kann die Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch rasch fachkompetent abgeklärt werden. Es müssen keine Jahre verstreichen. Geschätzt werden dabei eine individuelle Beratung und Erörterung der Chancen und der möglichen Behandlungsmethoden mit den entsprechenden Erfolgsraten, und dies nach dem aktuellen bewiesenen Wissenstand.

Bei dieser Entscheidungsfindung helfen Informationen aus guten Broschüren und Internetauftritten und auch Erfahrungen und Hinweise anderer Betroffener. Ist die Entscheidung für eine Kinderwunsch-Behandlung gefallen, so muss der behandelnde Frauenarzt die Weichen stellen. Behandlungen wie z.B. die In-vitro-Fertilisation dürfen nur von spezialisierten Zentren durchgeführt werden.

Realistische Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit ist wichtig

Nicht alles hängt an einem Versuch. Man sollte sich vergegenwärtigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Erfolges in einem Behandlungszyklus, selbst im erfolgreichsten Zentrum, immer niedriger liegt als die des Misserfolges. Misserfolg und Enttäuschungen gehören dazu. Aber eine klare Aussage zur Erfolgswahrscheinlichkeit wird erwartet und hilft. Auch reduzierte Chancen durch fortgeschrittenes Alter der Frau müssen klar angesprochen sein. Die realistische Einschätzung, dass unter Umständen mehrere Behandlungszyklen notwendig sind, vermindert den Druck.

Eine Sterilitätsbehandlung stellt immer eine Belastung beider Partner dar, die bis zum Stress geraten kann. Es wird von den Patienten als positiv bewertet, wenn möglichst wenige Arztbesuche notwendig sind, gerade wenn das Zentrum weit vom Wohnort entfernt liegt. Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Gynäkologen und dem Arzt am Zentrum hilft hierbei.

Belastung für die Beziehung der Partner

Da der Großteil der Behandlung die Frau betrifft, ist es umso wichtiger, dass der Ehemann verständnisvoll reagiert und seiner Frau Unterstützung bietet. Es ist für die Frau eine große Hilfe, wenn sie weiß, dass sie sich während der unausbleiblichen Hoch- und Tiefphasen immer mit dem Partner aussprechen kann. Es sollte vermieden werden, dass die Erfüllung des Kinderwunsches zum einzigen Lebensinhaltwird. Die Beziehung der Partner kann während der Behandlung intensiver und verständnisvoller werden.

Vertrauen in die Therapie und eine gute Zusammenarbeit mit möglichst einem Arzt, der das Paar während der gesamten Kinderwunsch-Behandlung begleitet, sind von großem Vorteil. Sehr erfolgreich läuft das Zusatzprogramm der psychotherapeutischen Unterstützung. Es wird immer häufiger und ganz selbstverständlich genutzt.

Ursachen und Abklärung des unerfüllten Kinderwunsches

Beide Partner können zeitgleich untersucht werden, um die ungewollte Kinderlosigkeit abzuklären. Erste wichtige Hinweise erhält der Arzt durch die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Bei der Frau wird neben der Zykluslänge beispielsweise die Dauer der Menstruationsblutung festgehalten. Ausgeprägte Schmerzzustände während der Blutung oder des Zyklus werden notiert.

Die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs wird erfragt. Die Dauer des Kinderwunsches wird festgehalten. Auch vorausgegangene Schwangerschaften (gleiche Beziehung oder andere Partner) sollten dokumentiert werden, wie auch Operationen im Bauchraum oder im Beckenbereich. Die Frage nach abgelaufenen Entzündungen im Genitalbereich ist wichtig.

Die gynäkologische Untersuchung inklusive Untersuchung der Brust wird meist regelmäßig beim niedergelassenen Gynäkologen erfolgen. Eine aktuelle Krebsvorsorge sollte vorliegen. Durch eine Ultraschalluntersuchung lassen sich nähere Auskünfte über die Gebärmutter und die Eierstöcke erhalten. Der normale Eileiter lässt sich auch mit modernen Ultraschalltechniken nicht darstellen. Die Ultraschalluntersuchung erfolgt vorwiegend durch die Scheide (vaginaler Schall).

Ultraschallgerät zur Abklärung beim unerfüllten Kinderwunsch
© Tobilander / Fotolia

Die Abklärung des Mannes bei unerfülltem Kinderwunsch

Die Abklärung des Mannes startet ebenso mit der Krankengeschichte (Anamnese). Abgelaufene Entzündungen im Genitalbereich werden erfragt, es folgt eine klinische Untersuchung. Diese Untersuchung wird in aller Regel von einem Urologen oder spezialisierten Hautarzt (Andrologen) durchgeführt. Fehlbildungen oder Krampfadern im Bereich der Genitalorgane werden untersucht, auch die Beschaffenheit und Größe der Hoden. Die Untersuchung auf Chlamydien (bakterienähnliche Erreger) ist Standard. Gemäß den derzeit zur Verfügung stehenden Studien gelten folgende Annahmen:

  • Es sollte vor der Behandlung eine Untersuchung auf HIV, Hepatitis B und Hepatitis C angeboten werden. Erkrankungen sollten angemessen behandelt werden.
  • Untersuchung auf Chlamydien ist bei beiden Partnern erforderlich.
  • Weitere Blutuntersuchungen sind entbehrlich.

Spermiogramm zur Kontrolle der Samenflüssigkeit

Eine mikroskopische Kontrolle der Samenflüssigkeit (Spermiogramm) schließt sich an. Die Spermienzahl und auch der Anteil der gut beweglichen Samenzellen sowie die Anzahl fehlgebildeter Spermien wird festgestellt. Bei mehrfach bestätigtem völligen Fehlen von Samenzellen in der Samenflüssigkeit kann von einer Zeugungsunfähigkeit ausgegangen werden. Die restlichen im Spermiogramm erhobenen Werte erlauben keine genaue Aussage darüber, wie wahrscheinlich das Eintreten einer Schwangerschaft ist. Auch bei sehr geringer Zellzahl, bei schlechter Beweglichkeit und beim Vorliegen von sehr vielen fehlgeformten Samenzellen sind spontane Schwangerschaften möglich. Die statistische Wahrscheinlichkeit ist erheblich erniedrigt, aber nicht völlig aufgehoben.

Bei eingeschränktem Spermabefund ist der Wert einer weiterführenden Abklärung nicht belegt. Der Nachweis der Verträglichkeit von Samenzellen und Gebärmutterhalsschleim und die Untersuchung von Abwehrstoffen in der Samenflüssigkeit (Spermaantikörper) haben an Bedeutung verloren. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von eingeschränktem Spermabefund ergeben sich keine Behandlungsmöglichkeiten. Deshalb sollte die Diagnostik beim Mann kurz gehalten werden. Am Ende der Untersuchungen muss nämlich ausgesagt werden, wie realistisch eine Schwangerschaft überhaupt erscheint. Diese Beurteilung kann am ehesten der Reproduktionsmediziner treffen.

Hinweis: Nicht näher besprochen werden hier die sexuelle Dysfunktion, Probleme der Erektion oder der psychische Stress der „Samenabgabe“. Sollten derartige Probleme bekannt sein oder im Laufe der Behandlung auftreten, so kann dies offen beim Arzt angesprochen werden.

Untersuchungen der Frau bei ungewollter Kinderlosigkeit

Die Hinweise, die man durch die Aufzeichnung der Aufwachtemperatur (Basaltemperaturkurve) erhält, sind gering. Der Kurvenverlauf gibt Informationen über die Länge des Menstruationszyklus und über die Blutungsdauer. Ein Temperaturanstieg im Bereich der Zyklusmitte (bedingt durch die Freisetzung von Progesteron) kann den Eisprung anzeigen. Auch die Länge der Temperaturerhöhung in der zweiten Zyklushälfte ist ersichtlich. Die Sicherheit, dass bei Temperaturerhöhung auch wirklich ein Eisprung stattgefunden hat, liegt bei maximal 70 Prozent. Wohl kaum jemand wird Basaltemperaturkurven gerne führen wollen. Für die Sterilitätsdiagnostik sind sie entbehrlich, da mit zu wenig Information behaftet.

Ultraschall-, Hormon- und Urinuntersuchungen zur Bestimmung des Eisprungs

Eine zuverlässigere Aussage erreicht man durch Ultraschalluntersuchungen. Das Heranreifen des Eibläschens kann verfolgt werden. Der genaue Zeitpunkt des Eisprungs lässt sich durch Hormonuntersuchungen eingrenzen. Das für den Eisprung hauptsächlich verantwortliche Hormon (LH) ist in Blut und Urin nachweisbar. In der Apotheke sind problemlos sogenannte Heimtests (LH-Sticks) erhältlich.

Durch mehrfach am Tag durchzuführende Urinuntersuchungen kann der Anstieg von LH und somit der ungefähre Zeitpunkt des Eisprungs festgestellt werden. Die Testausführung ist einfach; der Test zeigt den LH-Anstieg durch eine Farbveränderung an. Zusätzliche Auskünfte ergeben Hormonuntersuchungen (Progesteron in der zweiten Zyklushälfte). Man kann sich bei normalem Zyklus auf ein bis zwei Progesteronbestimmungen beschränken. Bei normaler Länge des Monatszyklus (ca. 28 Tage) ist der Wert von jeglicher Hormonuntersuchung nicht belegt. Man kann darauf verzichten.

Störfaktoren im weiblichen Menstruationszyklus können aber auf jeder „Etage“ eintreten (Zwischenhirn, Hirnanhangsdrüse, Eierstöcke etc.): Bei einer Zykluslänge von mehr als 35 Tagen sind Hormonuntersuchungen sinnvoll. Vorwiegend das Hormon Progesteron wird im Blut bestimmt. Die Schilddrüsenhormone können untersucht werden sowie die männlichen Geschlechtshormone oder die der Nebennierenrinde, darüber muss der Arzt befinden.

Bedeutung von Postkoitaltest und Untersuchung auf Spermaantikörper

Die Verträglichkeitsuntersuchung von Samenzellen und Gebärmutterhalsschleim, der Postkoitaltest (Sims-Huhner-Test) hat, wie die Untersuchung auf Spermaantikörper, keinen Stellenwert mehr, da beide zu ungenau sind. Falls sich nur unbewegliche Samenfäden finden, so heißt das noch lange nicht, dass eine Schwangerschaft nach normalem Geschlechtsverkehr ausgeschlossen ist. Die Untersuchung wird noch durchgeführt, da einige Kassen sie wünschen und davon die Bezahlung bestimmter Verfahren abhängig machen.

Die Befunde der Basisuntersuchungen von Mann und Frau werden mit dem Ehepaar besprochen. Auf die Behandlungsmöglichkeiten und die Risiken ist dann einzugehen. Im
Einvernehmen mit dem Ehepaar ist eine Behandlung zu beginnen oder eine weitere Abklärung anzuregen.

Untersuchung der Eileiterdurchlässigkeit bei unerfülltem Kinderwunsch

Ergibt sich aus all diesen Befunden kein erkennbarer Grund für die ungewollte Kinderlosigkeit, so ist der nächste Schritt die Untersuchung der Eileiterdurchgängigkeit.

Diagnostik „unbelasteter“ Frauen:

Bei Frauen „ohne Vorgeschichte“ (keine Eileiterschwangerschaft, Entzündung, Endometriose, negativer Chlamydienbefund) kann die Eileiteruntersuchung durch Ultraschalltechniken (Hysterosalpingo-Kontrast-Ultrasonographie) durchgeführt werden.

Diagnostik „vorbelasteter“ Frauen:

Nach den derzeit vorliegenden Studien sollte Frauen mit vorausgegangener Eileiterschwangerschaft, mit Entzündungen, mit Endometriose oder mit positivem Chlamydienbefund die Bauchspiegelung angeboten werden, da kleinere Auffälligkeiten direkt operiert werden können. Außerdem gilt: Frauen mit verschlossenen Eileitern an dem Ende, das zum Eierstock zeigt, mit Flüssigkeitsansammlung (Hydrosalpinx), sollte vor der IVF die Eileiterentfernung durch Laparoskopie angeboten werden, da dadurch die Chance auf ein Kind steigt.

Nach bestem Kenntnisstand wird bei Frauen „ohne belastete Vorgeschichte“ die Eileiterdurchgängigkeit durch eine Ultraschalltechnik untersucht. Die Untersuchung auf Chlamydien (häufige Ursache von Eileiterentzündungen und von Tubenverschluss) ist zusätzlich erforderlich. Sind Hinweise auf häufige Eileiterentzündungen gegeben oder wird von mehreren Attacken von Unterbauchschmerzen berichtet, so sollte der Arzt eher zur Bauchspiegelung raten.

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Weitere Untersuchungen der Eileiterdurchgängigkeit

  • Die Eileiterdurchblasung oder -durchspülung (Pertubation) wird heute nur noch selten eingesetzt: Die „Aufsprengung“ eines verschlossenen Eileiters ist nicht möglich. Die Aussagekraft ist insgesamt unzureichend. Selbst bei sachgerecht durchgeführter Untersuchung ist das Auftreten einer Eileiterentzündung nicht auszuschließen.
  • Die Röntgenuntersuchung von Gebärmutter und Eileiter hat ihren Stellenwert. Diese Hysterosalpingographie (HSG) kann fast immer ambulant erfolgen. Eine Narkose ist nicht erforderlich. Bei dieser Untersuchung wird ein Besteck am Gebärmutterhals befestigt. Über eine Spritze wird ein wasserlösliches Kontrastmittel in die Gebärmutter eingebracht. Das Kontrastmittel erreicht über die Eileiter den freien Bauchraum. Man erhält so Aufschluss über Störungen im Gebärmutterinnenraum. Auch ein Eileiterverschluss lässt sich mit über 90-prozentiger Sicherheit diagnostizieren. Die Nachteile der Hysterosalpingographie liegen neben der Strahlenbelastung in der Schmerzhaftigkeit und den fehlerhaften Befunden. Man kann durch das Einbringen einer auf Zuckerbasis hergestellten Lösung (Galaktosepartikel) die Strahlenbelastung der HSG umgehen. Durch Ultraschall werden dann die Eileiter untersucht.
  • Ein Kompromiss ist die Eileiterkatheterisierung. Durch die Gebärmutter wird ein kleiner Katheter in den Eileiter geleitet. Es wird sterile Flüssigkeit durch den Katheter gespritzt. Durch eine Ultraschalluntersuchung lässt sich die Flüssigkeit im Eileiter und im Bauchraum nachweisen.Wie bei allen Durchspülungstechniken sind Entzündungen möglich. Unterbauchbeschwerden und eventuell Fieber sind erste Anzeichen.
  • Mit der Eileitersondierung und der Untersuchung auf Chlamydien kann man bei über 90 Prozent der Patientinnen ein verwertbares Ergebnis erzielen. Es ist eine Möglichkeit, frühzeitig und mit relativ geringem Aufwand die Eileiterdurchgängigkeit zu prüfen. Die Aussagegenauigkeit erreicht nicht die der Bauchspiegelung. Außerdem gibt es immer wieder Frauen, bei denen die Eileiter nicht zu sondieren sind (krankhafte Befunde oder technischer Fehler). In solchen Fällen wird der Arzt eine Bauchspiegelung empfehlen.

Bauchspiegelung zur Beurteilung der Eileiter

Die Bauchspiegelung (Laparoskopie) mit gleichzeitiger Eileiterdurchspülung ist die zuverlässigste Methode, um Eileiter zu beurteilen. Sie erfolgt in aller Regel in Narkose. Über einen ca. 1 cm langen Schnitt am Nabel wird eine Kanüle in den Bauchraum eingeführt. Um eine ausreichende Beurteilungsmöglichkeit zu haben, müssen zwei bis drei Liter Gas (CO2) eingebracht werden. Nach Einführung einer Optik ist es möglich, den Ober-, Mittel- und Unterbauch genau einzusehen. Über einen zweiten kleinen Schnitt im Bereich der Schamhaargrenze können zusätzliche Geräte eingeführt werden. Verwachsungen lassen sich mit kleinen Sonden und Scheren lösen.

Um die Durchgängigkeit der Eileiter zu überprüfen, wird eine farbstoffhaltige Flüssigkeit in die Gebärmutter und die Eileiter gespritzt. Die Bauchspiegelung erlaubt eine Aussage über die Beschaffenheit von Gebärmutter, Eileitern und Eierstöcken. Verwachsungen neben den Eileitern, die bei der Röntgenuntersuchung nicht sicher zu diagnostizieren sind, lassen sich hierbei gut feststellen.

Mögliche Komplikationen der Bauchspiegelung:

Durch die Auffüllung des Bauchraums mit Gas kommt es zu einer Nervenreizung, die sich in einem Schmerz am Rippenbogen und in der Schulterregion (in der Regel rechts) äußern kann. Die Beschwerden entsprechen denen eines Muskelkaters, vergehen aber schnell und sind nach zwei Tagen spontan abgeklungen. Bei der Punktion ist ebenfalls eine Verletzung von Blutgefäßen oder des Darmes möglich. Diese Verletzungen treten relativ selten ein und erfordern dann zur Korrektur einen Bauchschnitt.

Kombination von Bauchspiegelung und Gebärmutterspiegelung

Die Laparoskopie liefert über die Innenbeschaffenheit der Gebärmutter natürlich keine Aussage. Veränderungen in der Gebärmutter lassen sich häufig bereits durch die Ultraschalluntersuchung feststellen. Falls notwendig, wird die Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) mit der Bauchspieglung kombiniert. Durch das Einbringen einer Optik in den Gebärmutterinnenraum lassen sich dort Veränderungen diagnostizieren. Kleine Muskelgeschwülste (Myome), Polypen und Verwachsungen können entfernt werden. Die Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) gehört nach gängigen Leitlinien nicht zur Routineabklärung bei ungewollter Kinderlosigkeit.

Fazit zur Abklärung beim unerfüllten Kinderwunsch

Das Verhalten kinderloser Paare hat sich in den letzten Jahren verändert. Der Arztkontakt wird früher aufgenommen. Komplettabklärung eines Paares an einem Tag ist ein frühzeitig gangbarer Weg mit guter Aussagegenauigkeit. Dabei werden bei beiden Partnern die Untersuchungen durchgeführt, die bislang nicht erfolgt sind. Eine orientierende Eileiterabklärung kann erfolgen, auch ein Spermiogramm. Die Befunde werden besprochen, die zukünftigen Chancen werden erörtert, ohne und mit Behandlung. Behandlungsempfehlungen werden schriftlich fixiert, in patientenfreundlicher Sprache, damit man sie in Ruhe noch mal lesen und über sie nachdenken kann.

Behandlung bei unerfülltem Kinderwunsch (Sterilitätstherapie)

Die möglichen Behandlungen bei unerfülltem Kinderwunsch werden mit dem Paar im Hinblick auf Chancen und Risiken besprochen. Da die Störungen vielfältig sein können, stehen meist auch mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Entscheidend ist, dass die Sterilitätstherapie eine Wunschbehandlung bleibt und damit nicht alles, was durchgeführt werden kann, im speziellen Fall auch durchgeführt werden muss. Die physischen, psychischen und auch finanziellen Belastungen der Behandlungsschritte müssen offengelegt werden. Dann liegt es in der Entscheidung des Paares, ob überhaupt eine Therapie begonnen wird.

Meist wird die Methode gewählt, die die Störungen am erfolgversprechendsten zur Zufriedenheit des Paares behandelt. Dabei kann dasselbe Behandlungsverfahren für unterschiedliche Paare eine völlig andere Belastung darstellen und daher von einem Ehepaar akzeptiert und vom anderen abgelehnt werden. „Kurskorrekturen“ und Wechsel der Behandlungsmethode sind selbstverständlich jederzeit möglich.

Bereits an dieser Stelle der Entscheidungsfindung sollte ein Programm angeboten werden, das dem Paar bei der Bewältigung von Problemen hilft und die psychische Stabilität unterstützt (autogenes Training, Körpertherapie, Akupunktur). Der Erfahrungsaustausch mit „anderen Betroffenen“ wird unterstützt (Chats, Treffen von Kinderwunsch-Gruppen, Veranstaltung von Patientenabenden). Eine Liste der Selbsthilfegruppen ist erhältlich. Über die Adoption wird informiert, in der Regel kann man beim Jugendamt die Voraussetzungen für ein Adoptionsverfahren erfragen.

Ausgewählte Behandlungsverfahren bei unerfülltem Kinderwunsch sind:

Künstliche Befruchtung mit ICSI bei unerfülltem Kinderwunsch
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion © koya979 / Fotolia

Wie lässt sich die Erfolgschance der Kinderwunsch-Behandlung steigern?

Wann sollten Paare überlegen, auf IVF (In-vitro-Fertilisation) oder ICSI (Intrazytoplasmische Spermieninjektion) zu wechseln? IVF und ICSI sind die Behandlungen mit dem höchsten Schwangerschaftserfolg pro Versuch. Viele Paare glauben, die erste künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, auch IVF) muss zu 100 Prozent erfolgreich sein, und schalten den Altersfaktor aus. Das Alter der Frau bestimmt aber wesentlich, wie wahrscheinlich eine Schwangerschaft bei einer künstlichen Befruchtung ist.

Bei einer Frau unter 35 Jahren ist im erfolgreichen reproduktionsmedizinischen Zentrum, unter Ausschöpfung aller erfolgssteigernden Maßnahmen, pro Embryotransfer in 40 bis 50 Prozent mit der Geburt eines Kindes zu rechnen. Nach den derzeit vorliegenden Studien sinkt ab 35 Jahren die Chance jährlich um ca. 5 Prozent (2 bis 6 Prozent). Die Rate der Fehlgeburten steigt. Grundsätzlich gilt:

  • Je älter die Frau ist, desto geringer ist die Chance einer Schwangerschaft bei der IVF.
  • Je älter die Frau ist, desto mehr IVF-Versuche sind nötig, um die gleichen Chancen auf eine Schwangerschaft zu haben wie mit 25 bis 35 Jahren.

Gemäß derzeit vorliegenden Studien ist bei 43-Jährigen nur in 5 Prozent pro Embryotransfer mit der Geburt eines Kindes zu rechnen. Das Fehlgeburtsrisiko liegt bei über 50 Prozent.

Die altersbedingte Ausgangschance kann durch bestimmte Maßnahmen verbessert werden. Die Möglichkeit der Erfolgssteigerung ist für Frauen zwischen 25 und 40 Jahren bewiesen. Der optimale Behandlungsverlauf ist der, wenn nach zwei IVF-Versuchen die Chance, dass ein Kind geboren wird, 75 Prozent erreicht und sich im dritten Versuch 90 Prozent nähert (87,5 Prozent „kumulative“ Erfolgschance). Jede Frau sollte versuchen, durch Ausschöpfung aller nachfolgend erklärten, erfolgsteigernden Maßnahmen (von Blastozystentransfer bis hin zu Stressmanagement) in die Gruppe mit optimalen Chancen zu gelangen.

Blastozystentransfer

Von allen Paaren kann der Transfer im Blastozystenstadium angestrebt werden (Transfer in hohem Zellstadium, 64-fach oder mehr geteilt). Er führt zu mehr Lebendgeburten als ein Transfer von Achtzell-Embryonen am Tag 2 oder 3. Die Chance auf die Geburt eines Kindes steigt von z.B. 30 Prozent auf 40 Prozent. Die einzige Ausnahme sind Frauen mit wenigen Eizellen.

Mehr als zwei Drittel der im die Gebärmutter übertragenen Embryonen nisten sich dort nicht ein. Die entscheidende Ursache ist die Qualität der Embryonen. Es stellt sich also die Frage, hat der Transfer im späteren Stadium einen Vorteil gegenüber einem früheren? Man erreicht mit weniger Blastozysten eine vergleichbar hohe Schwangerschaftsrate als mit mehr Achtzellern, die am Tag 2 oder 3 transferiert werden.

Aber gerade wer wenig Eizellen hat, läuft Gefahr, dass sich keine bis ins Blastozystenstadium entwickelt. Die Zahl der Frauen, die keinen Transfer bekommen, wird also höher. Außerdem sinkt die Zahl der Zellen, die fürs Tieffrieren verbleiben.

Wer profitiert vom Embryotransfer im Blastozystenstadium? Eindeutig profitieren Frauen mit „guten Voraussetzungen“ (jung, hohe Fruchtbarkeit, viele Eizellen). Sie erreichen eine Schwangerschaftsrate von bis zu 50 Prozent pro Transfer und halten ihr Mehrlingsrisiko niedrig.

Der Transfer eines Embryos ist nur zu empfehlen, falls eine Blastozyste (ein 64-zelliger Embryo) von sehr guter Qualität übertragen wird und die restlichen Zellen eingefroren werden (Kryokonservierung) und das IVF-Zentrum Erfolgszahlen (Geburten) von 15 Prozent oder mehr nach Auftauen der Zellen hat.

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Assisted Hatching („Schlüpfhilfe“)

Das Assisted Hatching („Schlüpfhilfe“) hilft bestimmten Paaren, aber nicht allen. Einen Vorteil haben Patienten nach mehrfachem Misserfolg bei IVF / ICSI. Einen Vorteil scheinen ältere Patienten zu haben. Nach derzeitigem Stande der Forschung ist bei Frauen im ersten IVF-Versuch kein positiver Effekt zu finden, auch nicht bei Transfer von kryokonservierten (eingefrorenen) Zellen oder bei hohem FSH. Beim Assisted Hatching steigt auch die Mehrlingsrate. Gemäß dem derzeitigen Forschungsstand können die Nebenwirkungen der Methode noch nicht sicher als harmlos eingestuft werden.

Beim Assisted Hatching wird die Zona pelluzida (die Eizellhüllschicht) geöffnet, um es dem Embryo „leichter“ zumachen, sich in der Gebärmutter festzusetzen. Durch diese Methode wird die Schwangerschaftsrate definitiv um 8 bis 10 Prozent erhöht bei Frauen

  • mit mehreren Misserfolgen bei IVF oder ICSI
  • mit reduzierten Schwangerschaftschancen

Man glaubt, dass Embryonen vor der Einnistung in die Gebärmutterschleimhaut aus ihrer Schutzhülle (= Zona pelluzida) herausschlüpfen (englisch = to hatch). Die Schutzhülle ist ursprünglich dazu da, dass Eizellen nur von einer Samenzelle befruchtet werden; außerdem hält sie u.a. „den Embryo zusammen“ (bewahrt die dreidimensionale Integrität). Relativ wenige Embryonen nisten sich nach IVF oder ICSI in der Gebärmutter ein. Es wird spekuliert, dass dies auch eine Folge der Verhärtung der Zona pelluzida ist.

Geschlüpfte Blastozyste kurz vor der Einnistung
Geschlüpfte Blastozyste kurz vor der Einnistung

Methoden des Assisted Hatching

Die Überlegung, dass die Öffnung der Zona vor dem Embryotransfer die Schwangerschaftschance erhöhen könnte, stammt aus den Achtzigerjahren u.a. aus den Erfahrungen mit der „Erbgutuntersuchung“ PID (= Präimplantationsdiagnostik) im Ausland. Verschiedene Techniken sind entwickelt und ausprobiert worden: „Zonadissektion, Zonadrilling und Zonathinning“ sind durch chemische Manipulationen ebenso zu erreichen wie durch „Piezo- oder Lasergeräte“. Es gibt keine Beweise, dass eine Methode besser als die andere ist.

Embryonen nach „Assisted Hatching“ scheinen sich einen Tag früher in der Gebärmutter einzunisten als unbehandelte Embryonen. Ob das ein Vorteil ist, bleibt unklar. Seit Ende 2003 gibt es eine Übersichtsarbeit aus der Cochrane Library mit der Zusammenfassung aller wichtigen Studien zu diesem Thema. Darin ist als einzige aus dem deutschsprachigen Raum die der Ulmer Arbeitsgruppe berücksichtigt.

Beschädigung der Embryonen oder eine Zunahme von Mehrlingen sind Bedenken, die derzeit weder bewiesen noch ausgeschlossen sind. Wer sich für Hatching entscheidet, muss akzeptieren, dass zu den unerwünschten Nebenwirkungen keine abgesicherte Aussage möglich ist. „Assisted Hatching“ fällt nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenkassen und ist vom Paar selbst zu finanzieren.

Akupunktur zum Embryotransfer

Nach derzeitigem Stand der Forschung verbessert der Embryotransfer mit Akupunktur die Chance auf eine Schwangerschaft und Geburt. Jede Frau, die den Embryotransfer unter Akupunktur durchführen lässt, erhöht damit ihre Chance, schwanger zu werden, ganz erheblich. Das findet die aktuelle Übersichtsarbeit von Cochrane, in der die 10 besten Studien zu diesem Thema ausgewertet werden. Bei Frauen, die ohne Akupunktur

  • 10 Prozent Chance hätten, steigert Akupunktur die Erfolgsrate auf 16 Prozent.
  • 20 Prozent Chance hätten, erreicht man mit Akupunktur ca. 30 Prozent.

Je höher die Chance der Frau auf eine Schwangerschaft, desto geringer fällt die Chancenerhöhung aus (bei 40 Prozent Grundchance eben nicht 60 Prozent, sondern evtl. nur 44 Prozent). Ein Großteil der Wirkung kann durch den Placeboeffekt bedingt sein. Denn die Akupunktur an Stellen, die laut Lehrbuch dafür nicht geeignet sind (Placeboakupunktur), ist nach bisheriger Studienlage ähnlich hoch im Erfolg wie die Akupunktur an den „richtigen Stellen“.

Schwerere Nebenwirkungen sind laut der Übersicht von Cochrane Einzelfallbeobachtungen (Zusammenfallen eines Lungenflügels bei einer Akupunktur zwischen den Rippen…). Insgesamt hatten 1 Prozent der Patienten behandlungsbedürftige Nebenwirkungen. Leichte Nebenwirkungen der Akupunktur (Hautrötung, Infektion der Einstichstelle, Missempfindungen wie „Ameisenlaufen“) klingen meist ohne Behandlung ab.

Akupunktur an anderen Tagen (vor und nach dem Transfer) ist nicht ausreichend untersucht. Man weiß nicht, ob sie nützlich oder schädlich ist.

Stressmanagement während der Kinderwunsch-Behandlung

Nach derzeitigem Stand der Forschung gilt Folgendes:

  • Die psychotherapeutische Betreuung begleitend zur Kinderwunsch-Behandlung gehört zu den erfolgssteigernden Maßnahmen und bereits an den Beginn der Kinderwunsch-Behandlung.
  • Die Kinderwunsch-Behandlung ist körperlich und emotional belastend. Es gibt aber keine Belege, dass die Behandlung die Patienten so stresst, dass sie psychisch dauerhaft Schaden nehmen.
  • Auffälligkeiten sind meistens bereits vor der Behandlung vorhanden.
  • Stress als alleinige Ursache der Kinderlosigkeit ist nicht bewiesen.

Eine Wirkung des Stressmanagements während der Kinderwunsch-Behandlung ist bei jedem Paar gegeben, unabhängig davon, ob man ängstlich und stimmungsbedrückt ist oder nicht. Ein Schaden ist nicht bekannt. Beim Stressmanagement für Frauen und Männer erhält man Strategien gegen die emotionalen Belastungen der Kinderwunsch-Behandlung. Wer zusätzlich zur Sterilitätsbehandlung psychotherapeutische Unterstützung erhält, hat weniger Angst, weniger Stimmungsprobleme und eine deutlich höhere Schwangerschaftschance als die Patienten, die auf eine Zusatzbehandlung verzichten.

Das ist zusammengefasst die Datenlage. Über 30 Jahre hat man erfolglos nach Persönlichkeitsmerkmalen gesucht, die Kinderlosigkeit (mit-) verursachen. Es haben sich keine stichhaltigen Beweise finden lassen. Eine Verursachung der Kinderlosigkeit durch die „Psyche“ konnte sich nicht beweisen lassen. „Wenn die Seele nein sagt…“ ist ein Slogan ohne wissenschaftliche Basis.

Aber sowohl der unerfüllte Kinderwunsch wie auch die Kinderwunsch-Behandlung sind ernstzunehmende Belastungen. Der Wechsel zwischen Hoffen und Enttäuschung und die Ungewissheit, ob der Kinderwunsch in Erfüllung geht, können zum Stress werden. Überforderung und Erschöpfung sind die Folge, die Lebensqualität und der Erfolg in der Kinderwunsch-Behandlung sinken.

Frau liegt grübelnd im Bett
© Photographee.eu / Fotolia

Wie sieht das aktuelle Wissen aus? Die drei wichtigen Punkte:

  • Hoher Stress aktiviert Botenstoffe aus der Achse Zwischenhirn / Nebenniere, die das weibliche Reproduktionssystem ungünstig beeinflussen.
  • Angst und depressive Verstimmung sind bei Frauen mit Kinderlosigkeit häufiger; die Gruppe hat unbehandelt weniger Erfolg.
  • Für alle Patienten ist ein Zusatzprogramm von Vorteil.

Das Stressmanagement während der Kinderwunsch-Behandlung hat wenig mit den Vorstellungen von „Psychologie und Durcharbeiten von Kindheitsproblemen“ zu tun. Heute werden Strategien gegen die emotionalen Belastungen für jede Frau oder jedes Paar individuell entwickelt. Dann stehen noch Entspannungstechniken und zuverlässige Informationen zu allen Fragen der Kinderwunsch-Behandlung im Mittelpunkt. Auch auf die Frage, was ist, wenn es nicht klappt, gibt es Antworten. Eine Mischung aus Beratung und dem Ordnen von Gefühlen ermöglicht Entlastung.

Die Themen umfassen alles, was Paare wissen wollen: Von A (Adoption) bis Z (zu zweit glücklich). Lebensqualität und Lebensfreude werden in Stress-Situationen bewahrt, der Erfolg der Sterilitätsbehandlung erhöht. Und dies gilt für alle Frauen, die eine Behandlung durchführen lassen. Dies ist in mehreren Übersichtsarbeiten festgestellt worden. „Negative Affekte“ (Depression und Angst) nehmen nach zehn Sitzungen der Begleittherapie entschieden mehr ab als ohne Unterstützung. Zusätzlich ist der Schwangerschaftserfolg mit Unterstützung deutlich höher als ohne: 284 von 628 Paaren haben eine Schwangerschaft erreicht (45 Prozent), in der Kontrollgruppe war dies nur bei 14 Prozent der Fall.

Was bedeutet das für die Sterilitätspatienten?

  • Man kann jedem Paar empfehlen, diese Unterstützung zu nutzen. Die Wirkung ist da, ganz egal, welche Ursache der Kinderlosigkeit vorliegt, und unabhängig davon, ob man ängstlich und stimmungsbedrückt ist. Auch nach dem Ende der Behandlung sind die Personen „besser drauf“ als die ohne Begleitbehandlung.
  • Man kann in Gruppen, das Paar oder nur die Einzelperson behandeln. Es zeichnet sich erstmalig ein großer Effekt hinsichtlich der Schwangerschaften ab.
  • Das Begleitprogramm ist umso mehr zu empfehlen, als es ernsthafte Nebenwirkungen dieser Behandlung nicht gibt.
  • Mehr als zehn Sitzungen über mehr als ein halbes Jahr geben den besten Erfolg.
  • Das Zusatzprogramm kann vor der Behandlung beginnen oder auch zwischen den Behandlungen.

Es wird aber nochmals betont, dass die alleinige Psychotherapie (also ohne zusätzliche Sterilitätsbehandlung) bei Sterilität nicht ausreichend erfolgreich ist.

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Erfolgssteigerung durch Ausgleich von Hormon- und Stoffwechselproblemen bei Frau und Mann

Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) (viele kleine Zysten im Eierstock, gutartig, bei Normalgewicht ohne Krankheitswert) kann sich äußern in einer Zyklusstörung (bis hin zum Ausbleiben der Regelblutung), in einer Erhöhung der männlichen Hormone (Akne, vermehrte Behaarung, Haarausfall) und in einer „Insulinproblematik“. Übergewicht und bauchbetonte Fettvermehrung kommen häufig vor. Das Hormon Insulin, das u.a. den Blutzucker reguliert, steht im Mittelpunkt. Hohe Insulinspiegel und die sogenannte Insulinresistenz (mangelnde Wirkung von Insulin an der Muskulatur) sind hauptverantwortlich für die Erhöhung der männlichen Hormone und die anderen Stoffwechselauffälligkeiten bei PCOS.

Zwei Fragen sind wichtig und müssen zuverlässig beantwortet werden:

1. Liegen Stoffwechselprobleme vor, die das Risiko für Nachfolgeerkrankungen (z.B. Diabetes) und Komplikationen in der Schwangerschaft erhöhen? Denn Frauen mit PCOS haben häufiger Schwangerschaftskomplikationen, bei Mutter und Kind:

  • Mehr Fehlgeburten (Aborte)
  • Starke Gewichtszunahme bis zu 20 kg
  • Schwangerschaftszucker (Gestationsdiabetes)
  • Schwangerschaftshochdruck (Präeklampsie)
  • Frühgeburt mit erhöhter Neugeborenensterblichkeit.

2. Die zweite entscheidende Frage ist: Ist es im ganz speziellen Fall erforderlich, vorbeugende Maßnahmen einzuleiten und falls ja, welche? Soll man vor der Schwangerschaft etwas tun, um die Risiken niedrig zu halten? Denn mit frühzeitiger Behandlung lässt sich absolut zuverlässig ein Gesundheitsvorteil erreichen. Das gilt auch für Männer. Bei ihnen heißt die Problematik metabolisches Syndrom und bedeutet, bauchbetontes Übergewicht, Blutfetterhöhung, Insulinresistenz, hoher Blutdruck etc. und auch niedrige Sexualhormone (z. B. Testosteron).

Frauen wie Männer erhalten ein genau auf die Fähigkeiten maßgeschneidertes Programm, das drei Monate dauert. Vorher werden spezielle Blutuntersuchungen durchgeführt, die endokrinologisch beurteilt werden und eine verlässliche Aussage zum Leistungszustand der Frau und des Mannes erlauben. Es kann zusätzlich die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) gemessen werden. Diese Spiroergometrie ist der Goldstandard der Leistungsanalyse und somit die zuverlässigste Messung der körperlichen Verfassung und Leistungsfähigkeit.

Schilddrüse und Kinderwunsch / Schwangerschaft:

Zu Schilddrüsenstörungen (Unter- bzw. Überfunktion) und ungewollter Kinderlosigkeit gibt es kaum verlässliche Studien und viele Spekulationen. Entwarnung: ein großer Einfluss einer Schilddrüsenunterfunktion auf die Erfüllung des Kinderwunsches konnte bislang nicht bewiesen werden. Wenn überhaupt ein Effekt gegeben ist, so ist er klein. Andererseits ist die Gabe von Schilddrüsenhormonen, wie jede Medikamentengabe, nie ohne Risiken und unerwünschte Wirkungen. Die WHO und die meisten Fachgesellschaften empfehlen es nicht, bei allen Frauen vor einer Schwangerschaft eine Schilddrüsenuntersuchung durchzuführen. Gerade die Schilddrüsenunterfunktion und eine spezielle Form, die Autoimmunthyreoiditis (z.B. Hashimoto), kommen bei jungen Frauen häufig vor (5 bis 15 Prozent), ohne dass man es überhaupt spürt oder dadurch Gesundheitsnachteile hat.

Eine „subklinische“ Hypothyreose ist definiert als erhöhtes TSH (4–10mU/l; hohes TSH = Thyroidea stimulierendes Hormon, ohne vorhergehende Schilddrüsenerkrankung) und einer normalen Konzentrationen der Schilddrüsenhormone im Blut (Thyroxin und Trijodothyronin). Die Patientin bemerkt keine körperlichen Zeichen der Unterfunktion. Eine Schilddrüsenunterfunktion ist keine Krankheit, sondern eine Funktionsstörung. Eine subklinische Hypothyreose ist die häufigste „Veränderung“ an der Schilddrüse. Sie kommt vor bei 8 Prozent der Frauen. Aber es halten sich hartnäckig Spekulationen: „Mit einer Schilddrüsenunterfunktion wird man nicht schwanger, davon wird man dick, es gibt vermehrt Fehlbildungen beim Kind, Fehlgeburten…“

Eine subklinische Hypothyreose muss nicht generell behandelt werden und schon gar nicht immer mit Schilddrüsenhormonen und nicht mit den oft verwendeten hohen Dosierungen. Denn es ist bei der derzeitigen Studienlage auch denkbar, dass die Gabe von Schilddrüsenhormon nicht immer vorteilhaft für das ungeborene Kind ist und auch zu Risiken führt. Über die Risiken einer Behandlung, über Behandlungsalternativen und über Kontrolluntersuchungen sollten Sie im Vorfeld der Schwangerschaft informiert sein.

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Autoren:
Prof. Dr. med. Karl Sterzik
Dr. med. Erwin Strehler
Prof. Dr. med. Rainer Wiedemann
Dr. med. Petra-Ilona Wiedemann